Studie der Otto Brenner Stiftung (OBS) zum Informationsfreiheitsgesetz (IFG)
Auskunftsrechte, die schon heute gegenüber staatlichen Stellen in Deutschland bestehen, sind einerseits auch zehn Jahre nach ihrer Einführung größtenteils unbekannt. Andererseits prägen Schikanen die Praxis der Auskunftserteilung. Von einer echten Kultur der Transparenz kann nach wie vor nicht die Rede sein. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Untersuchung der Otto Brenner Stiftung (www.otto-brenner-stiftung.de).
"Informationsfreiheit - Mehr Transparenz für mehr Demokratie", so der Titel des Arbeitspapieres, liefert eine aktuelle Bestandsaufnahme aus der Praxis des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) und stellt innovative Reformoptionen zur Diskussion. Autor Arne Semsrott gibt einen Überblick über die Handhabung des IFG in Deutschland und zeigt Schwachstellen der bestehenden Regelungen auf, darunter abschreckende Gebühren, restriktiver Umgang mit Geschäftsgeheimnissen und laxe Fristen für Behörden.
Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung: "Die Diskussion um die weitgehend geheimen TTIP-Verhandlungen hat gezeigt, dass die Gesetze zur Informationsfreiheit oft nicht stark genug sind und Informationen nur durch 'Leaks' nach außen dringen. Diese Erfahrung unterstreicht: Zum einen müssen die bestehenden Gesetze besser genutzt werden. Zum anderen müssen sie aber auch dringend verbessert werden."
Der Stiftungsvertreter stellt als einen Aspekt die Profilierung des Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) durch ein "Grundrecht auf Informationsfreiheit" zur Diskussion. Auch ein Bußgeld gegen Beamte, die Informationen nicht vollständig rausgeben, sollte geprüft werden, regt Legrand an. "Wenn Behörden ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sind oder der Zugang zu behördlichen Informationen verwehrt worden ist, müssen Sanktionen gegen Amtsleiter möglich sein".
Arne Semsrott, Autor des Arbeitspapiers: "Während Behörden in Hamburg von sich aus viele ihrer Daten veröffentlichen und in Nordrhein-Westfalen zumindest auf Anfrage preisgeben, müssen staatliche Stellen in Bayern oder Sachsen nicht einmal auf Anfrage Dokumente herausgeben. Über die letzten Jahre ist so eine Drei-Klassen-Gesellschaft der Informationsfreiheit entstanden."
Dabei kommt nach Ansicht des Autors Journalisten eine besondere Verantwortung zu, Auskunftsrechte selbst stärker zu nutzen und für ihre Verbesserung engagiert zu kämpfen. Wie es in den USA oder Großbritannien üblich sei, sollten auch hierzulande Journalisten immer angeben, wenn sie Dokumente durch Anfragen nach dem IFG erhalten haben. Zudem sollten sie mit Rückendeckung ihrer Verlage öfters gegen Ablehnungen von Behörden klagen, um so eine verbesserte Informationsfreiheit für die gesamte Bevölkerung zu schaffen.
Zusätzlich zu dem Arbeitspapier informieren Online-Visualisierungen über die Regelungen der Informationsfreiheit in den einzelnen Bundesländern. Sie sind verfügbar auf der Seite von FragDenStaat - Portal für Informationsfreiheit und Transparenz.
Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) trat in Deutschland am 1. Januar 2006 in Kraft; es feiert dieses Jahr also seinen 10-jährigen Geburtstag. Jährlich gehen 10.000 IFG-Anfragen an deutsche Bundesbehörden. Zum Vergleich: US-amerikanische Behörden werden jährlich 800.000 Mal angefragt.
Arne Semsrott: "Informationsfreiheit – Mehr Transparenz für mehr Demokratie", OBS Arbeitspapier Nr. 23, Informationen und Download: www.otto-brenner-stiftung.de
Kontakt:
Jupp Legrand
OBS-Geschäftsführer
Telefon: 069 - 6693 2810
E-Mail: info(at)otto-brenner-stiftung.de
Autor:
Arne Semsrott
Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.
E-Mail: arne.semsrott(at)okfn.de