Mehr Wählen wagen?
Ungleichheiten beim „Wählen ab 16“ und ihre Folgen
Erscheinungsdatum: 23. Januar 2023
OBS-Arbeitspapier 56
Autoren: Thorsten Faas und Arndt Leininger
Das Bild des „föderalen Flickenteppichs“ beschreibt besonders treffend die Lage beim Mindestwahlalter. Denn nicht nur die Diskussion um das Wahlalter hat an Dynamik gewonnen. In einigen Ländern gilt für Landtags- wie auch für Kommunalwahlen inzwischen ein Wahlalter von 16. In anderen können 16- und 17-Jährige nur auf kommunaler Ebene mitwählen. Und an wieder anderen Orten gilt bislang ein einheitliches Wahlalter von 18 Jahren für alle Ebenen. Bei der nächsten Wahl zum Europäischen Parlament dürfen hingegen alle „ab 16 wählen“. Auch bei Betriebsratswahlen können schon 16-Jährige mitmachen, für die nächste Bundestagswahl strebt die Ampel eine Absenkung des Wahlalters an.
Welche Auswirkungen hat diese Uneinheitlichkeit auf junge Menschen?
Wissen sie, an welchen Wahlen sie teilnehmen dürfen und an welchen nicht, und was denken sie darüber?
Welche Rolle spielen umstrittene Faktoren wie „Reife“, aber auch Herkunft, Alter, sozialer Kontext und vorgelagerte politische Einstellungen?
Für die empirische Forschung bieten sich viele Ansatzpunkte, denen von der OBS zum zweiten Mal nachgegangen wird. Die Politikwissenschaftler Thorsten Faas (FU Berlin) und Arndt Leininger (TU Chemnitz) untersuchten bereits 2020 in einer OBS-Studie das „Wählen mit 16“. Denn die mittel- und langfristigen Folgen früher Wahl- oder Nichtwahlerfahrungen bleiben in der Öffentlichkeit umstritten. Die Ergebnisse der neuen Untersuchung legen nahe, dass eine Absenkung des Wahlalters kein Selbstläufer ist und dringend (bildungs-)politisch begleitet werden muss.
Informationen zum Arbeitspapier 56
- OBS-Pressemitteilung: „Mehr Wählen wagen?“ [PDF] [OBS-Presseportal]
- Kurzfassung des Arbeitspapiers 56 "Mehr wählen wagen" [PDF]
Europawahlen 2024: Wie steht es um das Wählen ab 16
Reaktionen zum Arbeitspapier (Auswahl)
Verschiedene Altersgrenzen bei Wahlen verwirren junge Menschen, www.zeit.de, 22.01.2023
Unterschiedliche Altersgrenzen beim Wählen verwirren, www.deutschlandfunk.de, 22.01.2023
Ab welchem Alter darfst du eigentlich wählen?, www.dasding.de, 22.01.2023
Verschiedene Altersgrenzen beim Wählen verwirren junge Leute, www.rbb24.de, 22.01.2023
Studie: Verschiedene Altersgrenzen beim Wählen verwirren junge Leute, www.nw.de, 22.01.2023
"Wahlalter 16 – Berliner Senat plädiert für Verfassungsänderung", www.deutschlandfunk.de, 23.01.2023
Flickenteppich verwirrt junge Menschen, www.hz.de, 23.01.2023
Wahlrecht ab 16 - Sachsen hinkt hinterher, www.freie-presse.de, 23.01.2023
Studie empfiehlt Wählen ab 16 auf allen Ebenen, www.faz.de, 24.01.2023
"Genug politische Reife: Studie fordert Bundestagswahlen ab 16 Jahren", www.tag24.de, 30.12.2023
"Wahlrecht: Warum wählen mit 16 eine gute Idee sein könnte", www.deutschlandfunknova.de, 06.07.2023
Weiterführende Beiträge der Autoren zum Thema
Journalistische Beiträge
- Wählen mit 16 - Schluss mit dem Flickenteppich beim Wahlalter, Deutschlandfunk Kultur, 10.11.2022.
- Sie dürfen wählen, sie dürfen nicht, sie dürfen wählen… - Zur aktuellen Situation rund um das Wahlalter in Deutschland, Verfassungsblog, 19.11.2022.
- Interview: Wählen ab 16: „Es geht darum, wie demokratisch unsere Republik sein soll", Frankfurter Rundschau, 17.09.2020.
- Politikwissenschaftler zu Wahlrecht ab 16 - "Eine wichtige Debatte", BR Bayern 2, 22.12.2022.
- "Wahlalter 16?" mit Prof. Thorsten Faas - Hintergrundgespräch #3, Landtag Rheinland-Pfalz, 21.01.2021.
Wissenschaftliche Publikationen
- Arndt Leininger, Marie-Lou Sohnius, Thorsten Faas, Sigrid Roßteutscher, Armin Schäfer: Temporary Disenfranchisement: Negative Side Effects of Lowering the Voting Age, in: American Political Science Review, 2022, S. 1-7.
- Sigrid Roßteutscher, Thorsten Faas, Arndt Leininger, Armin Schäfer: Lowering the Quality of Democracy by Lowering the Voting Age? Comparing the Impact of School, Classmates, and Parents on 15- to 18-Year-Olds’ Political Interest and Turnout, in: German Politics, 2022, S. 1-28. [Paywall]
- Thorsten Faas, Anton Könneke: Wählen ab 16? Pro und Contra, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 71, 38-39/2021, S. 29–35.
- Thorsten Faas, Anton Könneke, Arndt Leininger: Wählen mit 16, in: Hendrik Hering (Hrsg.): Parlamentarische Demokratie heute und morgen: Erwartungen, Herausforderungen, Ideen, Frankfurt am Main: Wochenschau Verlag, 2021, S. 117–128. [Paywall]
- Arndt Leininger, Thorsten Faas: Votes at 16 in Germany: Examining Subnational Variation, in: Jan Eichhorn, Johannes Bergh (Hrsg.): Lowering the Voting Age to 16: Learning from Real Experiences Worldwide, Basingstoke: Palgrave, 2020, S. 143–166. [Paywall]
Arbeitspapier 56 online lesen
Kurzfassung Arbeitspapier 56 online lesen
Weiterführende Links zum Thema "Wählen mit 16"
- Wahlalter bei Europawahl auf 16 Jahre abgesenkt, www.bundestag.de, 10.11.2022
- Wählen ab 16: „Das demokratische Existenzminimum“, www.fr.de, 08.11.2022
- Wählen ab 16: Volksbegehren rückt näher – Bündnis wächst, www.br.de, 21.12.2022
- Bas plädiert für längere Wahlperiode und niedrigeres Wahlalter, www.tagesspiegel.de, 22.12.2022
- Demokratie muss man üben können, www.tagesspiegel.de, 23.12.2022
- Bundesfamilienministerin befürwortet Wahlrecht ab 16 Jahren, www.zeit.de, 25.12.2022
- Ministerpräsident Weil wirbt für Wahlalter 16 und Paritätsgesetz, www.braunschweiger-zeitung.de, 04.01.2023
Aktuelle Videobeiträge
Wählen ab 16: Chance oder Unsinn? | hessenschau (10.05.22)
Bundesweit wählen ab 16? Ein Pro und Contra | flutertv (29.04.2022)
Was hat die CDU dagegen, dass 16-Jährige wählen dürfen? | heute-show (12.11.2021)
Die Zahl der Wahl - 16 oder 18? | Krause kreiert Kompromisse (04.09.2022)
Diskussionen im Deutschen Bundestag
Die Autoren
Thorsten Faas
Prof. Dr. Thorsten Faas ist Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin und leitet dort die Arbeitsstelle „Politische Soziologie der Bundesrepublik Deutschland“. Geboren 1975 in Idar-Oberstein (Rheinland-Pfalz) studierte er Politikwissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der London School of Economics and Political Science (LSE). Anschließend war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Bamberg, Duisburg-Essen und Mannheim tätig; promoviert wurde er 2008 an der Universität Duisburg-Essen mit einer Arbeit zum Thema „Arbeitslosigkeit und Wählerverhalten: Direkte und indirekte Wirkungen auf Wahlbeteiligung und Parteipräferenzen in Ost- und Westdeutschland“. Ehe er 2017 an die Freie Universität Berlin wechselte, war er von 2009 bis 2012 Juniorprofessor für Politikwissenschaft, insbesondere Wählerverhalten, an der Universität Mannheim, sowie Professor für Empirische Politikforschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit Wahlen, Wahlkämpfen und Wahlstudien.
Kontakt
Email: thorsten.faas(at)fu-berlin.de
@wahlforschung
@wahlforschung@mastodon.online
Arndt Leininger
Jun.-Prof. Arndt Leininger, PhD, ist Juniorprofessor für Politikwissenschaftliche Forschungsmethoden an der Technischen Universität Chemnitz. Zuvor war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz tätig und vertrat an der Universität Konstanz die Professur für Umfrageforschung. Er studierte Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und der London School of Economics and Political Science (LSE) und promovierte anschließend an der Hertie School in Berlin. Er forscht unter anderem zur Wahl- und Abstimmungsbeteiligung, Jugend und Politik sowie zu direkter Demokratie.
Kontakt
Email: arndt.leininger(at)phil.tu-chemnitz.de
@a_leininger
@a_leininger@polsci.social