Die Person Otto Brenner

Otto Brenner: Theoretische Ansichten - praktische Handlungen

Wenn eine Stiftung an ihren Namensgeber erinnert, kann dies ganz unterschiedliche Funktionen bedienen. Biographische Notizen können beispielsweise die Person als Ganze dem Publikum nahebringen –

  • welche Erfahrungen waren prägend,
  • welche Erlebnisse einschneidend,
  • in welchem gesellschaftlichen Kontext wirkte der/die Namensgeber*in?

Die Beleuchtung der unterschiedlichen Facetten einer Persönlichkeit steckt wiederrum den Rahmen ab, an welche Inhalte und Handlungsweisen die aktuelle Stiftungsarbeit anknüpfen kann.

Im Folgenden soll die detaillierte Darstellung der theoretischen Ansichten und praktischen Handlungen Otto Brenners in den Themengebieten Krieg & Frieden, Europapolitik und internationale gewerkschaftliche Zusammenarbeit dem Zweck dienen, an eine Tradition der Unversöhnlichkeit mit den bestehenden Verhältnissen anzuknüpfen. Nimmt man Brenners Aussagen und Ansichten ernst, muss auf jedem der drei Themengebiete ein weitgehendes Scheitern seiner linken Ansprüche und Handlungen konstatiert werden. So ist es nicht gelungen, den Irrglauben nachhaltig zu überwinden, dass der Wettkampf um eine freie Welt „bis an die Zähne bewaffnet und in straffer Disziplin“ geführt werden müsse. Die von Brenner visionierten „Vereinigten Staaten von Europa“ mit ebenso sozialen wie liberalen Inhalten sind in weiter Ferne. Und der Aufbau einer dem Westen ebenbürtigen Industrieproduktion in den Ländern des globalen Südens ist in der Breite nicht gelungen bzw. wurde nie ernsthaft angestrebt.

Die folgenden Texte können zur Reflektion anregen, was unter den heutigen Bedingungen zur Verwirklichung der angestrebten besseren, egalitäreren Gesellschaft nötig ist – und Inspiration dafür liefern, welche Ansätze und welche Ernsthaftigkeit dabei möglich sind. Hannah Arendt schrieb einst über Walter Benjamin, dass es ihm in seinem historischen Denken nicht darum gehe, die Vergangenheit „so, wie sie war, zu beleben und zur Erneuerung abgelebter Zeiten beizutragen.“ Das ist ebenfalls nicht unser Anliegen.

Vielmehr verstehen wir die Geschichte, wie es das italienische Autorenkollektiv Wu Ming formulierte, als aus vergessenen und vergrabenen Kriegsbeilen bestehend, die es wieder hervorzuholen gilt – und mit den folgenden Texten möchten wir den bereits existierenden Spatenstichen weitere hinzufügen.

Wir danken Jens Becker von der Promotionsförderung der Hans-Böckler-Stiftung für seine Arbeit. 

Krieg und Frieden

"Den Friedensgedanken in alle Köpfe hämmern"

Otto Brenner durch- und überlebte das Zeitalter der Extreme, das für ihn als deutschen Antifaschisten die Zerstörung der Weimarer Republik, die Verfolgung im NS-Staat und den Wiederaufbau des zertrümmerten Nachkriegsdeutschland bedeutete.  Nach der Befreiung 1945 erlebte er den sich zuspitzenden Systemantagonismus zwischen den nunmehr hegemonialen Atommächten USA und Sowjetunion, zwischen demokratischem Kapitalismus und stalinistischer Kommandowirtschaft, der die Teilung der Welt in zwei Machtblöcke verfestigte.

  • Wie blickte Brenner vor dem Hintergrund dieser latenten und bisweilen manifesten Kriegsgefahr und dem beginnenden Wettrüsten auf das Thema Krieg & Frieden?
  • Welche friedenspolitischen Positionen versuchte er, der ab 1952 bis zu seinem Tod 1972 Vorsitzender der IG Metall war, in seiner Gewerkschaft sowie der nationalen und internationalen Gewerkschaftsbewegung zu verankern?

Diesen Fragen geht Jens Becker im Text "Den Friedensgedanken in alle Köpfe hämmern" [PDF] nach.

"Den Friedensgedanken in alle Köpfe hämmern" [i]

Otto Brenner durch- und überlebte das Zeitalter der Extreme, das für ihn als deutschen Antifaschisten die Zerstörung der Weimarer Republik, die Verfolgung im NS-Staat und den Wiederaufbau des zertrümmerten Nachkriegsdeutschland bedeutete.  Nach der Befreiung 1945 erlebte er den sich zuspitzenden Systemantagonismus zwischen den nunmehr hegemonialen Atommächten USA und Sowjetunion, zwischen demokratischem Kapitalismus und stalinistischer Kommandowirtschaft, der die Teilung der Welt in zwei Machtblöcke verfestigte. Wie blickte Brenner vor dem Hintergrund dieser latenten und bisweilen manifesten Kriegsgefahr und dem beginnenden Wettrüsten auf das Thema Krieg & Frieden? Welche friedenspolitischen Positionen versuchte er, der ab 1952 bis zu seinem Tod 1972 Vorsitzender der IG Metall war, in seiner Gewerkschaft sowie der nationalen und internationalen Gewerkschaftsbewegung zu verankern? Diesen Fragen geht der vorliegende Text – eingebettet in biografische Zäsuren und zeitgeschichtliche Kontexte – nach.

Den Friedengedanken in alle Köpfe hämmern – damit war der Ton gesetzt, den Brenner, noch immer von der kampflosen Niederlage der deutschen Arbeiterklasse 1933 desillusioniert, im Kampf gegen Krieg und Wettrüsten für nötig hielt. Er stimmte implizit der These des damals noch einflussreichen Gewerkschaftsökonomen Viktor Agartz zu, dass es im kriegsverheerten Europa kein grundsätzliches Problem mehr gebe, das nur in einem Land bestehe.[ii] Demnach ließe sich Wirtschafts- und Sozialpolitik auf der einen, Friedens- und Gewerkschaftspolitik auf der anderen Seite Brenner zufolge nur noch europäisch denken. Entsprechend könne auch die deutsche Teilung nur mit friedlichen Mitteln durch eine Ostpolitik der kleinen Schritte angestrebt werden.[iii] Dazu korrespondierend warnte Brenner - wie viele Zeitgenossen - vor den destruktiven Folgewirkungen militärischer und politischer Machtapparate, in deren Sog die europäischen Völker jederzeit geraten könnten. In einem Referat vor Vertrauensleuten der IG Metall 1954 machte er das deutlich: „Die Militärplaner und Strategen fühlen sich wieder im Handwerk. Das ganze Volk muss in die Knobelbecher (gemeint sind Soldatenstiefel, JB). Kaum zehn Jahre danach. Wer hätte das geglaubt!“[iv]

Die Entwicklungen schienen Brenner recht zu geben. Seit den Atombombeneinsätzen der US-Airforce gegen die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki im August 1945 war klar, welche Verheerungen Atombombeneinsätze anrichten konnten. Anfang der 1950er tobte der Krieg zwischen Süd- und Nordkorea. Es war ein Stellvertreterkrieg zwischen der USA auf der einen und China und der Sowjetunion auf der anderen Seite. Trotz des sich vollziehenden nuklearen Gleichgewichts des Schreckens folgten weitere Stellvertreterkriege. Vorläufiger Höhepunkt war der Vietnam-Krieg, der nach dem Abzug der französischen Kolonialmacht zwischen dem kommunistischen Nord- und dem kapitalistischen Südvietnam eskalierte. Für die Franzosen sprangen die USA in die Bresche, die 1975 mit der Einnahme Saigons durch den siegreichen Vietkong eine verheerende Niederlage erlitten.[v] Beinahe hätte die sogenannte Kubakrise 1962 die Welt an den Rand eines atomaren Schlagabtausches geführt, als die USA die Sowjetunion zwang, ihre im kommunistischen Kuba stationierten atomaren Mittelstreckenraketen, die auf amerikanische Städte gerichtet waren, abzuziehen.[vi]

Vor dem Hintergrund des eskalierenden Ost-West-Konflikts wurde das geteilte Deutschland zum Frontstaat inmitten Europas. Diese Gemengelage bestimmte Brenners Engagement gegen Wiederbewaffnung und Aufrüstung. Noch wenige Jahre zuvor von der Gestapo überwacht, gelang es ihm, als Montagemitarbeiter der kriegswichtigen Firma Meyer & Biedermann mit seiner Frau Martha und seiner Tochter Heike den Zweiten Weltkrieg zu überleben. Ein Blick in Brenners Reden und Schriften verdeutlicht, seine Abwehrreflexe gegen Kriegstreibereien. Unmittelbar nach Kriegsende zog der 39-jährige Gewerkschafter und Sozialist, der wieder in die SPD eintrat, daher Bilanz aus 12-jähriger NS-Herrschaft, die Vernichtungskrieg und Massenmord mit sich brachte. In aller Deutlichkeit bilanziert er 1946 die deutsche und die weltpolitische Lage:

„Wir sehen in der ganzen Welt eine Entwicklung zum Nationalen. Die Brücken zu einer internationalen Verständigung sind nach den letzten beiden großen Kriegen nur schwer wieder zu schlagen! Alle nationalen Mächte wollen Sicherungen treffen, um ihr Land nicht wieder in die drohende Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen hineinreißen zu lassen.“[vii]

Daraus müssten für Deutschland und Europa folgende Konsequenzen gezogen werden:

„Wir dürfen aus dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Deutschlands nicht neue nationale Forderungen erheben, sondern müssen erkennen, dass uns nur ein internationales Denken und Handeln den Weg in die Zukunft ebnen kann.“

Nicht mehr das besiegte Deutschland sei das Problem. Es gehe, so Brenner, um Europa, um die Probleme der Welt. Es seien die weltpolitischen Interessengegensätze, „die heute eine neue Kriegspsychose erzeugen, die wir überhaupt nicht gebrauchen können.“ Denn: „Wir wissen sehr wohl, dass nach dem grauenhaftesten aller bisherigen Kriege, heute eigentlich ein Schrei durch die Welt gehen müsste, den Friedensgedanken in alle Köpfe zu hämmern“[viii].

Dieses Ziel wurde für Brenner handlungsleitend. Er opponierte gegen die Anfang der 1950er Fahrt aufnehmenden Wiederbewaffnungsdiskussion, die im November 1955 in der Etablierung der Bundeswehr und der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht gipfelte. Zeitgleich entstand in der DDR die Nationale Volksarmee. Vehement sprach sich Brenner auch gegen die von der CDU/CSU-Fraktion befürwortete Bewaffnung der Bundeswehr mit taktischen Atomsprengköpfen aus. Deutlich kritisierte er die „riesigen Rüstungsetats der modernen Staaten und die damit verbundenen fetten Staatsaufträge.“ Wer wolle behaupten, so Brenners pointierte Frage, dass ein Anteil des Militärbudgets von etwa 30 Prozent an den staatlichen Gesamtausgaben ohne Auswirkungen auf den Ausbau von sozialer und ziviler Infrastruktur wäre?[ix] Scharf ging Brenner auch mit der damit zusammenhängenden zunehmenden Aufrüstung und martialischen Rhetorik in Ost und West ins Gericht:

„Wir halten nichts von der so genannten Politik der Stärke, weil wir befürchten, dass dies zu einer Versteifung der beiderseitigen Standpunkte führt. Wir sind der Meinung, dass Atom- Wasserstoff- und Kobaltbomben nicht die geeigneten Mittel sind, um die politischen Probleme der Welt zu lösen.“ Die Arbeiterschaft der ganzen Welt wünsche sich einen Frieden in Freiheit und keine Kapitulation vor totalitären Mächten, aber auch kein Spiel mit dem Gedanken eines Präventivkrieges.[x]

Folgerichtig unterstützte Brenner zusammen mit der IG Metall und anderen DGB-Gewerkschaften die Kampagne „Kampf dem Atomtod“, die von der friedensbewegten Ostermarschbewegung mitgetragen wurde. „Der Schrecken“, so der seit 1956 amtierende Erste Vorsitzende der IG Metall, auf dem 5. Gewerkschaftstag in Nürnberg, „kann nicht durch größere Schrecken, die Kriegsgefahr nicht durch eine Politik der Stärke und des Drohens mit Atombomben gebannt werden.“[xi] Dabei berief sich Brenner auf den „Göttinger Appell“ namhafter Wissenschaftler. Albert Schweitzers Feststellung, „Atomwaffen sind ein gefährliches Experiment. Darum keine Atomwaffen“[xii], bestätigte die gewerkschaftlichen und kirchlichen Akteure darin, die Kampagne „Kampf dem Atomtod“ trotz heftiger Kritik von Regierung und Medien fortzusetzen.  Am 1. Mai 1958 forderte Brenner vor 200.000 Demonstranten, dass alle Verantwortlichen weltweit Schluss mit der „Politik des atomaren Selbstmordes“ machen müssten.[xiii] 1961, am Vorabend des Kubakrise – warnte er vor der Gefahr einer atomaren Auslöschung und forderte ein Umdenken:

„Im Zeitalter des Atoms droht jeder kriegerische Zusammenstoß zu einer totalen Vernichtung zu führen, die Angreifer und Angegriffene gemeinsam verschlingt.“ Konventionelle Kriegswaffen hätten ihre Bedeutung eingebüßt, auch der Krieg als Mittel und als Fortsetzung der Politik hätte seinen Sinn verloren. Er dürfe nicht ausbrechen, „weil er eine Katastrophe für die ganze Menschheit bedeuten würde.“[xiv]

Bilanzierend stellte Brenner fest, dass die damals in konservativ-liberalen - und zunehmend in sozialdemokratischen – Kreisen vertretende Meinung, der Wettkampf um eine freie Welt müsse, „bis an die Zähne bewaffnet und in straffer Disziplin“, geführt werden, ein Irrweg sei, der die Demokratie gefährde. Schließlich könne, so Brenner, die Entscheidung, ob am Ende Freiheit oder Unfreiheit triumphiere, nicht mit absoluter Waffengewalt herbeigeführt werden.[xv]

[i] Otto Brenner, Wahlkampfrede Herbst 1946, in: Ders., Ausgewählte Reden 1946-1971, hrsg. von Jens Becker und Harald Jentsch, Göttingen 2007, S. 24.

[ii] Viktor Agartz, Aktuelle Fragen der Wirtschaftspolitik (Juli 1946), in: Viktor Agartz oder: Ein Leben für und wider die Wirtschaftsdemokratie, hrsg. von Christoph Jünke, Berlin 2024, S. 100 f.

[iii] Brenner, Deutschland und Europa in: Ders.: Für eine bessere Welt. Ausätze zur Gewerkschaftspolitik, Frankfurt 1970, S. 73 f.

[iv] Brenner, „Unser Aktionsprogramm“, Referat auf der Vertrauensleutekonferenz in Bremen am 18. November 1954, in: Ders., Ausgewählte Reden, a. a. O., S. 78.

[v] Marc Frey, Geschichte des Vietnamkrieges. Die Tragödie Asiens und das Ende des amerikanischen Traums, München 2022.

[vi] Bernd Greiner, Die Kuba-Krise. Die Welt an der Schwelle zum Atomkrieg, München 2023, 3. Aufl.

[vii] Brenner, Wahlkampfrede 1946, in: Ders., Ausgewählte Reden, a. a. O., S. 24.

[viii] Ebd.

[ix] Otto Brenner, Für den Frieden in der Welt, Ansprache auf der Kundgebung zum Antikriegstag am 1. September 1967 in Braunschweig, in: Ders., Für eine bessere Welt, a. a. O., S. 109 f.

[x] Otto Brenner, Redemanuskript Rede vor 1000 Funktionären der IG Metall im Großen Saal der „Glocke“ in Bremen, 18. November 1954, in: Ebd., S. 74f.

[xi] Otto Brenner, Soziale Sicherheit und gesellschaftlicher Fortschritt. Referat auf dem 5. Gewerkschaftstag der IG Metall in Nürnberg, 18. September 1958, in: Ebd., S.157f.

[xii] IG Metall Hannover, Streiten und gestalten. Die IG Metall Hannover von 1945 bis 2010; VSA Verlag, Hamburg. Hier zitiert nach https://www.igmetall-hannover.de/fileadmin/user/Geschichte/Kapitel/1950_bis_1966_Aufschwung/02_Text_Kapitel_2_1950-1966_bearb_gs_01.pdf (13.12.24), S. 13.

16. Ebd.

[xiv] Brenner, Unser Arbeitsprogramm. Referat auf der Bezirkskonferenz [der IG Metall in] Hagen am 21. April 1961, in: Ders., Ausgewählte Reden, a.a.O., S. 226 f.

[xv] Brenner, Demokratie, Freiheit und Menschenwürde. Rede auf dem Bezirksjugendtreffen in Bonn, 29. Mai 1960, in: Ebd., S. 203.

Europapolitik

"Brenners Vision eines vereinigten Europas"

Die Vision eines vereinigten Europas war für Otto Brenner nicht nur ein politisches Ziel, sondern eine Notwendigkeit zur Sicherung des Friedens und zur Überwindung der nationalstaatlichen Konflikte, mit denen sich Europa in der Vergangenheit konfrontiert sah. In der Nachkriegszeit setzte sich Brenner vehement für eine supranationale Integration ein, die über die bloße Zusammenarbeit souveräner Nationalstaaten hinausging. Der Text beleuchtet Brenners Vorstellungen und die historischen Entwicklungen, die zur europäischen Einigung führten, sowie die Rolle der Gewerkschaften in diesem Prozess.

  • Wie beeinflusste Otto Brenners Vision eines vereinigten Europas die europäische Gewerkschaftsbewegung und deren Haltung zur europäischen Integration?
  • Welche historischen und politischen Entwicklungen prägten Brenners Vorstellungen von einem sozialistischen Europa und wie wurden diese in der Nachkriegszeit umgesetzt?

Diesen Fragen geht Jens Becker im Text "Brenners Vision eines vereinigten Europas" [PDF] nach.

"Brenners Vision eines vereinigten Europas"

Angesichts der Verheerungen des Zweiten Weltkrieges war Brenner der Ansicht, dass eine grundlegende Neuordnung der gesellschaftlichen Verhältnisse „ohne nationale Tabus“ als politisches und wirtschaftliches Integrationsprojekt der demokratischen Staaten Europas erfolgen müsse. Die Einheit Europas sei unabdingbar für die Sicherung des Friedens, dies bedeute langfristig nicht Zusammenarbeit von souveränen Nationalstaaten, „sondern Zusammenschluss zum gemeinsamen Handeln“ und damit Integration im Sinne von Supranationalität.[i] Die verbundenen Pariser (1955) und Römischen Verträge (1957) ermöglichten[ii], so hofften Brenner und viele seiner gewerkschaftlichen Mitstreiter, neue Formen suprastaatlicher Zusammenarbeit, durch die ein sozial-demokratisches Europa entstehen könnte.Damit korrespondierte die Vision eines vereinigten sozialistischen Europas, das die SPD bereits in ihrem Heidelberger Programm 1925 postulierte und das dem Sozialdemoraten Brenner natürlich bekannt war: „Die Konzeption von den Vereinigten Staaten von Europa (…) sind für uns nichts Neues.  Auch wir sind dafür, aber wenn Vereinigte Staaten von Europa, so müssen sie sozialistisch sein!“ Folgerichtig wollten die Gewerkschaften zunächst keine Ost- oder Westorientierung, sondern ein Europa als Brücke zwischen Ost und West, „denn sonst droht uns die Gefahr, zwischen diese beiden riesigen Mühlsteine zu geraten und zerrieben zu werden.[iii]

Allerdings waren Ende der 1940er Jahre die gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Neugestaltungspläne (Sozialisierung, Wirtschaftsdemokratie, demokratischer Sozialismus) angesichts des eskalierenden Ost-West-Konflikts und der politikökonomischen Restauration in Westdeutschland bereits auf nationaler Ebene längst Makulatur.[iv] Die deutschen Gewerkschaften und ihr Dachverband, der 1949 gegründete Deutschen Gewerkschaftsverband (DGB), befanden sich in der Defensive.[v] Auch in anderen europäischen Ländern wurden linke Kräfte, die auf eine grundsätzliche Umgestaltung der Gesellschaft abzielten, in den ersten Jahrzehnte nach dem Krieg eingehegt oder von den zentralen Institutionen der Macht ausgeschlossen. Die Ausgangsbedingungen für eine nicht-kapitalistische europäische Integration waren Mitte/Ende der 50er-Jahre also bereits denkbar schlecht.

„Brücke zwischen Ost und West“ – von dieser Position, die Brenner 1946 formulierte und mit der er europäische Suchbewegungen jenseits der Westbindung verband, rückte er folglich wenige Jahre ab, als klar wurde, dass neben dem Fortbestand der 1951/52 gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)[vi] auch die von Bundeskanzler Konrad Adenauer und der CDU/CSU vorangetriebene Westbindung nicht mehr rückgängig zu machen war. Zudem ruderte Brenners Partei, die SPD, zurück und stellte ihre Opposition gegen die Westbindung und Nato-Mitgliedschaft ein. Ferner wurde die anfänglich noch erhobene Forderung nach einer schnellen Vereinigung der beiden deutschen Staaten hintangestellt. Mit dem Godesberger Programm von 1959, dem auch Brenner zustimmte, war die SPD sowohl programmatisch als auch politisch auf dem besten Wege als staatstragende Reformalternative zum regierenden christlich-liberalen Bündnis in der Bundesrepublik Deutschland wahrgenommen zu werden.[vii]

Gleichwohl bestimmte die Erkenntnis, dass die überkommenen Nationalstaaten - und die von ihnen verantworteten Kriege – durch ein europäisches Friedens- und Integrationsprojekt zu überwinden seien, nicht nur Brenners Denken und Handeln. Vielmehr begann sich damals parteipolitisch lagerübergreifend, die „Europäisierung des politischen Denkens“ durchzusetzen.[viii] Die unterschiedlichen Funktionseliten erkannten die „Grenzen der nationalen Leistungsfähigkeit“ und die Notwendigkeit einer europäischen Neuordnung auf Vertragsgrundlage. In den Worten Jean Monnets, Vordenker und Motor der Europäischen Gemeinschaften, dessen „Aktionskomitee für die Vereinigten Staaten von Europa“ Brenner angehörte[ix], müsse es zu einer wirklichen europäischen Bemühung kommen, „die allein durch die Existenz einer Föderation des Westens möglich ist, um daraus die Konsequenzen zweier katastrophaler Weltkriege zu ziehen.“[x] Diese Bemühungsversuche, von der Monnet sprach, wurde von großen Teilen der europäischen Gewerkschaftsbewegung konstruktiv aufgegriffen.[xi] In der Praxis bedeute dies, so Brenner, in Einzelfragen heftig Kritik zu üben, aber diese Kritik „niemals gegen den europäischen Zusammenschuss an sich“ zu richten.[xii] Unter dieser Prämisse bewerteten die DGB-Gewerkschaften, insbesondere aber die IG Metall, etwa den Schumann-Plan oder die darauf folgende Etablierung der Montanunion/EKGS  1952, die anfangs für innerorganisatorische Kontroversen sorgten.[xiii]

Diese institutionalisierte Zusammenarbeit bei Kohle und Stahl, die zwischen Frankreich, Italien, den Beneluxstaaten und der neugegründeten Bundesrepublik Deutschland bestand, gilt als Vorläufer des europäischen Einigungsprozesses, den Brenner grundsätzlich befürwortete. Dieser führte auch dazu, dass sich nun „personelle und organisatorische Strukturen herausbildeten, die einen intensiven Austausch zwischen den europäischen Gewerkschaftsbünden begünstigten. Eine stärkere Koordinierung und Professionalisierung der Gewerkschaftsarbeit schien erforderlich, um europäische Gewerkschaftsexperten und Gremienvertreter wie Otto Brenner besser zu unterstützen.[xiv] Das Luxemburger Verbindungsbüro der Gewerkschaften, das die IG Metall erheblich mitfinanzierte, trug dazu bei.

Gleichwohl hatten sich europapolitisch mit der 1957 gegründeten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG oder Euratom) die Rahmenbedingungen gerändert. Waren die europäischen Gewerkschaften noch an der Ausarbeitung der Montanunion beteiligt, so waren sie bei den Konsultationen zu den Römischen Verträgen „praktisch ausgeschaltet“ mit der Folge, dass „wir nicht den Einfluss haben, der uns als soziale Kraft in der Gesellschaft zusteht.“[xv] Letztere gelten als Meilenstein des europäischen Einigungsprozesses. Dieser Zusammenschluss europäischer Staaten zur Förderung der gemeinsamen Wirtschaftspolitik im Rahmen der europäischen Integration war nicht nur die Fortschreibung des EGKS und von Euratom. Vielmehr sollte er auch anderen europäischen Staaten offenstehen und die sogenannten drei europäischen Gemeinschaften zusammenführen. Insbesondere der von den Gewerkschaften gewünschte Beitritt Großbritanniens wurde jedoch 1963 von Frankreich blockiert. Entschieden wandte sich Brenner gegen die Blockadepolitik von Staatspräsident Charles de Gaulle, den Beitritt Englands zur EWG zu verhindern. Dieser wolle sein Land aus Prestigegründen zu einer unabhängigen Atommacht machen und der französischen Landwirtschaft keine Opfer zumuten. De Gaulles “Europa der Vaterländer“ dürfe nicht zum Hemmschuh der europäischen Einigung werden. Darum müssten sich „in erster Linie auch die Gewerkschaften, diesem Versuch entgegenstellen, das Rad der Geschichte rückwärts drehen zu wollen. Sie müssen ihr Möglichstes tun, um die wirkliche Integration Europas über nationalistische Sonderinteressen triumphieren zu lassen.“[xvi] Der Beitritt Großbritanniens konnte erst 1975 nach einer Volksabstimmung des englischen Elektorats erfolgen.

Nach Inkrafttreten der Römischen Verträge nahm der Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA) der EWG seine Arbeit auf – das einzige Gremium, das eine Beteiligung der Gewerkschaften ausdrücklich vorsah. Neben dem DGB-Vorsitzenden Ludwig Rosenberg und anderen avancierte Brenner zu einem der führenden Europaexperten und -multiplikatoren. Die Bundesregierung berief Brenner zu einem der drei deutschen Gewerkschaftsvertreter in den WSA[xvii], in dem er die IG Metall in den drei fachlichen Gruppen für Wirtschafts- und Sozialfragen sowie Atomenergie vertrat. Wenig später wurde Otto Brenner zum Vizepräsidenten des Wirtschafts- und Sozialausschusses der Europäischen Gemeinschaften EWG und Euratom gewählt. Darin waren die Gewerkschaften mit Unternehmensverbänden und sogenannten neutralen Vertretern der Bauernschaft oder Gewerbetreibenden beratend eingebunden. Ferner wurde Brenner auch zum Präsidenten der Arbeitnehmergruppe im WSA gewählt. Einerseits stieß die Gründung der EWG auf das Wohlwollen der Gewerkschaften. Andererseits gab es auch beträchtlichen Unmut über den Inhalt des Vertragswerkes und der Zusammensetzung der Organe. Tatsächlich vermittelte die Fokussierung auf energie-, wirtschafts- und zollbezogene Politikfelder den Eindruck, die EWG sei ein rein marktliberales Projekt, ein „Europa, in dem nur die Unternehmer herrschen und ungestört ihren Zielen nachgehen.“ Man habe, so Brenner, die Gewerkschaften vor die vollendete Tatsache eines Vertragswerkes gestellt, das mehr einen liberalen als einen sozialen Inhalt habe. „Ein Europa ohne sozialen Inhalt“, stellte er ernüchternd fest, „wird keine Zukunft haben.“[xviii]

Kritisch bewertete Brenner auch den Tatbestand, dass den Gewerkschaften beim WSA kein direkter Einfluss auf die Exekutiv- und Verwaltungsorgane der Gemeinschaft eingeräumt worden sei. Der WSA sei nicht paritätisch besetzt und habe „nicht einmal das Recht hat, von sich aus Stellung zu beziehen.[xix] Fortan forderte die IG Metall zusammen mit der darin auch vertretenen IG Chemie die paritätische Zusammensetzung des WSA und ein Initiativrecht des Ausschusses für Vorlagen der EWG-Gremien. Nichtsdestotrotz unterstützten die Gewerkschaften das angestrebte Kartellverbot im Rahmen der EWG, die Errichtung einer Zollunion, den Abbau von Handelsbeschränkungen und damit die Perspektive eines europäischen Binnenmarktes für die sechs EWG-Länder Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden. Der antizipierte stärkere Wettbewerb beschleunigte aus diese Sicht das Produktivitätswachstum und erhöhte den Lebensstandard.  Aus Brenners Perspektive darf die EWG nicht als isolierter, selbstgenügsamer Wirtschaftsblock aufgefasst werden, sondern muss als wirtschaftliche Einheit die Vorteile einer entstehenden weltweiten Arbeitsteilung ausschöpfen. Daher müsse die europäische Integration zu einer Neuordnung der gesamten Wirtschaft im Geiste der sozialen Gerechtigkeit und der demokratischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer letztlich über Europa hinausführen.[xx]

Hier zeigt sich der ganze Optimismus seiner Zeit. In diesem Sinne setzte sich Brenner auch für eine verstärkte „Koordinierung der europäischen Wirtschaftsplanung“ und computerbasierten „Wirtschaftsprogrammierung“ ein und lobte die EWG-Kommission für derartige Entwurfsvorlagen für den WSA.[xxi] Außerdem begrüßte Brenner die zunehmende Freizügigkeitsmöglichkeiten für europäische Arbeitnehmer im Rahmen des sich herausbildenden Binnenmarktes. Vehement engagierten sich die gewerkschaftlichen Vertreterinnen und Vertreter im WSA, zu denen auch Maria Weber, Mitglied des DGB-Bundesvorstandes, gehörte, für die Anerkennung von Berufsabschlüssen und die soziale Absicherung von zugewanderten Arbeitern.[xxii] Darüber hinaus war die intensive zwischenstaatliche technische Zusammenarbeit im Rahmen von Euratom unumstritten. Insbesondere die friedliche Nutzung der Atomenergie wurde als Schlüsselressource des technischen und sozialen Fortschritts angesehen. Sie stieß auch bei Brenner und der IG Metall auf große Zustimmung, wenn sie, unter demokratischer Kontrolle stehend und mit hohen Sicherheitsstandards versehen, der engen Zusammenarbeit in Europa und in der ganzen Welt diene.[xxiii]

Für die europäische Gewerkschaftsbewegung setzte sich Brenner sowohl im Beratenden Ausschuss der Hohen Behörde der Montanunion als auch als Mitglied im Exekutivausschuss der freien Gewerkschaftsbünde der sechs Länder der EWG ein. Letztere galt als Austauschplattform der zusammengeschlossenen Gewerkschaftsverbünde, die auch dem Internationalen Bund Freier Gewerkschaften angehören mussten.[xxiv] Hieraus bildete sich die Keimzelle für ein europäisches Gewerkschaftsnetzwerk. Ab Februar 1963 prägte Brenner als stellvertretender Vorsitzender des neugegründeten Metallausschusses dessen Arbeit. Zu den Konfliktpunkten innerhalb des Metallausschusses gehörten die Abgrenzung zum IMB, die Kooperation mit kommunistischen Gewerkschaften und mit den verschiedenen Entscheidungsgremien der EWG.[xxv] Acht Jahre später trug Brenner maßgeblich zur Gründung des Europäischen Metallgewerkschaftsbundes (EMB) bei. Er wurde zu einem der drei Stellvertreter gewählt.[xxvi] Im Oktober 1971 hob Brenner die statuarisch festgelegte enge Verbindung des EMB mit dem IMB hervor. Ein gemeinsames Handeln aller Metallgewerkschaften werde ausdrücklich angestrebt, wobei das nicht bedeute, dass damit die politischen und ideologischen Differenzen zwischen den unterschiedlichen nationalen Gewerkschaftsbünden gegenstandlos seien.[xxvii] Damit spielte er auf die verbliebenen Differenzen zwischen den verschiedenen Metallarbeiterbünden auch im EMB an. Insbesondere in Frankreich und Italien rivalisierten sozialdemokratisch und kommunistisch orientierte Gewerkschafter miteinander und trugen diese Konflikte in den EMB und IMB hinein. Grundlegende ideologische Konflikte zwischen kommunistisch und sozialdemokratisch ausgerichteten Gewerkschaften, vor allem aber politische Krisen, wie die militärische Zerschlagung des „Prager Frühlings 1968 durch Truppen des Warschauer Paktes, erschwerten die Zusammenarbeit einer gespalteten internationalen Gewerkschaftsbewegung im Allgemeinen und im Metallausschuss im Besonderen.[xxviii]

Insgesamt ging es Brenner darum, das Prestige der IG Metall zu erhöhen und zwischen unterschiedlichen Positionen zu vermitteln.[xxix] Die Schaffung einer politischen und wirtschaftlichen Union im Rahmen einer verstärkten suprastaatlichen Zusammenarbeit blieb das Ziel an sich. Trotz mancher bitteren Kritik gab es für Brenner zur europäischen Vereinigung und zur Überwindung nationalstaatlichen Denkens und Handels keine Alternative. Kooperieren, kritisieren und appellieren – mehr konnten die Gewerkschaften auf europäischer Ebene gegen den Willen von Regierungen und Unternehmerverbänden nicht erreichen, zumal es mitunter auch innerhalb der europäischen Gewerkschaftsbe

[i] Vgl. Otto Brenner, Deutschland und Europa, in: Ders.: Für eine bessere Welt. Ausätze zur Gewerkschaftspolitik, Frankfurt 1970. S. 64. Unter dem Titel „Deutschland und Europa aus der Sicht der Gewerkschaften“ hielt Brenner am 4. Februar 1966 dieses Grundsatzreferat vor der Deutsch-Schwedischen Gesellschaft in Stockholm.

[ii] Mit dem Pariser Vertrag gewährleisteten Frankreich, Großbritannien und die USA der Bundesrepublik. Deutschland u. a eine begrenzte nationale Souveränität und die Mitgliedschaft in der NATO; die Römischen Verträge vertieften mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG, Euratom) insbesondere den Prozess der wirtschafts- und energiepolitischen Zusammenarbeit, die bereits 1951 mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS oder: Montanunion) angelegt war.

[iii] Brenner, Redemanuskript 1946, in: Ders., Ausgewählte Reden 1946-1971, hrsg. von Jens Becker und Harald Jentsch, Göttingen 2007, S. 25.

[iv] Werner Abelshauser, Deutsche Wirtschaftsgeschichte nach 1945, München 2004.

[v] Walther Müller-Jentsch, Gewerkschaften und soziale Marktwirtschaft seit 1945, Stuttgart 2011, S. 73.

[vi] Mitglieder waren Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden

[vii] Vgl. dazu Julia Angster, Konsenskapitalismus und Sozialdemokratie. Die Westernisierung von SPD und DGB, München 2003.

[viii] Willy Buschak, Der DGB, die deutschen Gewerkschaften und Europa. Geschichte einer verlorenen Erinnerung, in: Stefan Berger, Wolfgang Jäger, Ulf Teichmann (Hrsg.): Gewerkschaften im Gedächtnis der Demokratie. Welche Rolle spielen soziale Kämpfe in der Erinnerungskultur, Bielefeld 2022, S. 525.

[ix] Das Aktionskomitee wurde 1955 gegründet. Für die deutschen Gewerkschaften wirkten unter anderem Otto Brenner und der stellvertretende DGB-Vorsitzende Bernhard Tacke mit. S. dazu Stefan Remeke, Gewerkschaften als Motoren der europäischen Integration: Der DGB und das soziale Europa von den Römischen Verträgen bis zu den Pariser Gipfelkonferenzen (1957-1974), in:  Mitteilungsblatt des Instituts für soziale Bewegungen, H. 42/2009, S. 157.

[x] Jean Monnet, Erinnerungen eines Europäers. Mit einem Vorwort von Helmut Schmidt, Wien, München 1978, S. 347 f.; ergänzend dazu die Einschätzungen des DGB-Vorsitzenden Ludwig Rosenberg (1962-1969), Sinn und Aufgabe von Gewerkschaften. Tradition und Zukunft, Düsseldorf und Wien 1973, 226-232.

[xi] Yves Clairmont, Vom europäischen Verbindungsbüro zur transnationalen Gewerkschaftsorganisation. Organisation, Strategien und Machtpotenziale des Europäischen Gewerkschaftsbundes bis 1990, Diss., Stuttgart 2014, S. 46, siehe auch FN 82.

[xii] Otto Brenner, Bilanz und Perspektiven der europäischen Integration in, IG Metall Vorstand (Hrsg.), Visionen lohnen. Otto Brenner 1907-1972. Texte, Rede und Aufsätze, Köln, 1997, S. 83.

[xiii] Vgl. dazu Karl Lauschke, Zwischen Mitbestimmungs- und Europapolitik:  Die IG Metall und die Anfänge der europäischen Integration, in: Mitteilungsblatt des Instituts für soziale Bewegungen, H. 42/2009, S. 89-102. Lauschke arbeitet die ambivalenten Diskussionen rund um den Schumann-Plan und die damit verbundene EKGS heraus. Die IG Metall schwankte zwischen anfänglicher Euphorie zur europäischen Zusammenarbeit und deutlicher Skepsis gegenüber einer – anfänglich vorhandenen - französischen Dominanz bei der Kohle- und Stahlproduktion und der Setzung von verbindlichen Rahmenbedingungen. Außerdem wurde befürchtet, dass die ehemalige Vormachtstellung der deutschen Industriebarone zu Lasten gewerkschaftlicher Mitbestimmungsrechte wieder hergestellt werden könne. Ebd., S. 89-93.

[xiv] Jelena Jojevic, Nachholdende Europäisierung? Reaktionen und Strategien der IG Metall gegenüber der Montanunion in den 1950er Jahren, in: Mitteilungsblatt des Instituts für soziale Bewegungen, H. 42/2009, S. 115.

[xv] Brenner, Bilanz und Perspektiven der europäischen Integration, a. a. O., S. 83.

[xvi] Brenner, Die Gewerkschaften in Staat und Gesellschaft, in: Ders., Ausgewählte Reden 1946-1971, a.a.O., S. 275.

[xvii] Jörg Rumpf, Plattformen gewerkschaftlicher Europapolitik: IG Metall und IG CPK und der Prozess der europäischen Integration in den 1960er und 1970er Jahren, in:  Mitteilungsblatt des Instituts für soziale Bewegungen, H. 42/2009, S. 123-140.

[xviii] Brenner, Rolle und Aufgabe der Gewerkschaften in unserer Zeit. Rede auf der DGB-Kundgebung in Oberhausen, 29. August 1961, in: Ders., Ausgewählte Reden 1946-1971, a. a. O., S. 254.

[xix] Ebd.

[xx] Ebd.

[xxi] Brenner, Die Gewerkschaften in Staat und Gesellschaft, in: Ders., Ausgewählte Reden 1946-1971, a.a.O., S. 274.

[xxii] Viele Informationen finden sich in den Akten des DGB-Bundesvorstandes, die im Archiv der sozialen Demokratie in Bonn liegen.

[xxiii] Otto Brenner, Das Aktionsprogramm. Referat, gehalten vor dem DGB-Bundeskongress, 1.-6. Januar 1956, in: Ders., Ausgewählte Reden 1946-1971, a. a. O., S. 130. Die Atomwirtschaft dem freien Wettbewerb zu überlassen, lehnte Brenner ab.

[xxiv] Vgl. auch Jörg Rumpf, Deutsche Industriegewerkschaften und Europäische Gemeinschaften. Die Europapolitik der Industriegewerkschaft Metall und der Industriegewerkschaft Chemie, Papier, Keramik im Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten der Römischen Verträge und den Ersten Direktwahlen zum Europäischen Parlament. Diss. Bochum 2001, S. 53, FN 94. Der Exekutivausschuss koordinierte die Zusammenarbeit der diversen Gewerkschaftsbünde.

[xxv] Johanna Wolf, Assurances of Friendship. Transnationale Wege von Metallgewerkschaften in der Schiffbauindustrie, 1950-1980, Dissertation. Göttingen 2018, S. 226 ff. Als transnationalen Lern- und Vernetzungsprozess schildert die Autorin unter anderem auch Brenners Zusammenarbeit mit Vertretern der verschiedenen Metallgewerkschaftsbünde.

[xxvi] Clairmont, Vom europäischen Verbindungsbüro zur transnationalen Gewerkschaftsorganisation, a. a. O., S.103 und S. 234.

[xxvii] Otto Brenner, Ansprache zur Eröffnung der Zentralkomitee-Sitzung des IMB in Lausanne am 24.10.1971, in: Archiv der sozialen Demokratie, IGMA45072199, S. 6 f.

[xxviii] Vgl. dazu Clairmont, Vom europäischen Verbindungsbüro zur transnationalen Gewerkschaftsorganisation, a. a. O., S. 126-143. Insbesondere auf S. 138 f. zeigt der Autor, der sich unter anderem auf Insiderinformationen des Brenner-Vertrauen und Sekretärs des Metallausschusses, Günter Köpke (ebd., 104) stützt, dass die IG Metall im Metallausschuss an einer differenzierten Bewertung des Prager Frühlings und der Zusammenarbeit mit kommunistischen Gewerkschaften interessiert war.

[xxix] Konzise fasst Yves Clairmont diesen Sachverhalt in einem Schreiben an den Verfasser vom 4.12.2024 zusammen, der auch in Clairmonts zitierter Dissertation seinen Ausdruck findet: „Aus den Protokollen des Metallausschusses/EMB vermittelte sich mir insgesamt, dass Brenner auf europäischer Ebene als eine integrativ wirkende Persönlichkeit zwischen den Interessen der unterschiedlichen nationalen Gewerkschaften auftrat.“ Ihm zufolge sei Brenner in den Gremien des Metallausschusses/EMB nicht zuletzt deshalb sehr anerkannt gewesen. Durch seinen Nachfolger, Eugen Loderer, „änderte sich die Rolle der IG Metall im EMB dann, die Arbeit wurde deutlich konfliktreicher […] Die IG Metall trat viel undiplomatischer auf und versuchte, ihr organisatorisches Gewicht und ihre Macht sehr viel stärker auszuspielen. Sie provozierte damit auch entsprechende Reaktionen bei den anderen europäischen Metallgewerkschaften“. Köpkes Informationen fließen hier ebenfalls ein

Dr. Jens Becker

Referatsleiter Promotionsförderung
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