Soziale Ungleichheiten, Diskriminierungen und undemokratische Machtstrukturen: Studie untersucht, wie soziale Folgen von KI in den Medien verhandelt werden.
Welchen Stellenwert Fragen sozialer Gerechtigkeit in der Berichterstattung über Künstliche Intelligenz (KI) einnehmen, zeigt eine heute von der Otto Brenner Stiftung veröffentlichte Studie. Die generell breite Berichterstattung zu KI-Themen wird von Ereignissen und Akteuren aus Technologie-Unternehmen dominiert. Wo die sozialen Folgen von Künstlicher Intelligenz thematisiert werden, geschieht dies eher oberflächlich und stichwortartig.
Die Studie zeigt einerseits, dass sich reichweitenstarke Medien mit verschiedensten Themen rund um Künstliche Intelligenz beschäftigen und dass dabei in rund einem Viertel der untersuchten Beiträge Fragen sozialer Gerechtigkeit im Zusammenhang mit KI angesprochen werden. Andererseits ist die Berichterstattung stark von wirtschaftlichen Perspektiven, insbesondere aus der KI-Branche, geprägt.
Dazu Studienautorin Elke Grittmann, Professorin für Medien und Gesellschaft an der Hochschule Magdeburg-Stendal:
„In den untersuchten Medien dominieren Themen wie Produkteinführungen, Personalien, Unternehmensentscheidungen und Marktentwicklungen. Besonders präsent sind KI-Unternehmen und ihre meist männlichen Vertreter. Gleichzeitig schaffen die Medien auch ein Forum für eine breite Debatte über die ‚Schlüsseltechnologie‘ KI.“
Zudem zeigt sich, dass es vielen Medienbeiträgen, die sich mit Fragen sozialer Gerechtigkeit im Zusammenhang mit KI beschäftigen, an Tiefe fehlt. Dazu Studienautorin Lina Brink, Hochschule Magdeburg-Stendal:
„Mögliche soziale Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz werden zwar erwähnt, aber meist nur oberflächlich oder stichwortartig beleuchtet. Das ist insbesondere der Fall, wenn es um die Möglichkeit politischer Regulierung von KI geht. Lösungsvorschläge zur Beseitigung sozialer Ungleichheiten werden kaum genauer diskutiert. Am häufigsten thematisiert wird die Ersetzung menschlicher Arbeitskräfte durch KI. Andere soziale Dimensionen, wie Nachhaltigkeit und globale Gerechtigkeit spielen jedoch kaum eine Rolle.“
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Medial wird KI nicht ausreichend als eine Technologie dargestellt, die gesellschaftlich und politisch gestaltbar ist. Dazu Studienautor Peter Kann, Hochschule Magdeburg-Stendal:
„Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz werden teilweise als unausweichlich dargestellt. Wirtschaftlich motivierte Entscheidungen der Verantwortlichen, die diese Entwicklungen ermöglichen, werden selten hinterfragt.“
Die Autor*innen der Studie, Prof. Dr. Elke Grittmann, Dr. Lina Brink und Peter Kann haben 2.217 Medienbeiträge zu KI untersucht, die in den zwölf Monaten nach der Veröffentlichung von ChatGPT 3.5 (1.12.2022 bis 30.11.2023) in neun deutschsprachigen Leitmedien erschienen sind. Diese wurden zunächst mittels Inhaltsanalyse und Frequenzanalyse quantitativ ausgewertet. Anschließend wurden Beiträge, die sich mit Fragen sozialer Gerechtigkeit beschäftigen, mittels einer Wissenssoziologischen Diskursanalyse analysiert.
Auf Basis ihrer Analysen formulieren die Autor*innen die Empfehlung, das Versprechen von Künstlicher Intelligenz als ‚Zukunftstechnologie‘ in öffentlichen Debatten durch eigene Recherchen zu vertiefen und kritisch zu reflektieren. Das oft propagierte Versprechen, KI könne die Probleme der Menschheit lösen, müsse stärker hinterfragt werden.
Elke Grittmann, Lina Brink und Peter Kann: Künstliche Intelligenz im medialen Diskurs. Wird soziale Gerechtigkeit ausgeblendet?, OBS-Arbeitspapier 78, Frankfurt am Main, April 2025.
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Kontakt zu den Autor*innen:
Prof. Dr. Elke Grittmann
elke.grittmann(at)h2.de
Tel.: 0391 886 42 81
Dr. Lina Brink
lina.brink(at)h2.de
Tel.: 0391 886 45 28
Kontakt zur Otto Brenner Stiftung:
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E-Mail: info(at)otto-brenner-stiftung.de
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