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Studie: "Wie das Gemeinnützigkeitsrecht politisches Engagement erschwert"

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Berlin, Frankfurt am Main, den 22. März. Statt zivilgesellschaftliches Engagement großzügig zu fördern und rechtlich abzusichern, führt das Gemeinnützigkeitsrecht zu Rechtsunsicherheit für demokratisches Engagement. Das ist der zentrale Befund einer breit angelegten repräsentativen Studie, mit der alle Finanzämter in Deutschland darauf überprüft wurden, ob sie das Gemeinnützigkeitsrecht gleichmäßig anwenden. Gleiche Satzungen wurden von etwa der Hälfte der Finanzämter als gemeinnützig anerkannt, von der anderen Hälfte nicht. Die Studie “Engagiert Euch - nicht?” wurde am 22. März in Berlin vorgestellt. Die Otto Brenner Stiftung hat die groß angelegte empirische Untersuchung finanziell unterstützt und deren Veröffentlichung durch das BBE ermöglicht.

“Wer von Demokratieförderung redet und von Engagement für Grundwerte, der muss dieses Engagement einfach machen”, forderte Stefan Diefenbach-Trommer, Autor der Studie und Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, einem Zusammenschluss von mehr als 80 Vereinen und Stiftungen. “Doch tatsächlich gibt es einen großen Widerspruch zwischen den offiziellen Aufforderungen, sich politisch für Demokratie und Menschenrechte zu engagieren, und den gesetzlichen Regeln der Gemeinnützigkeit. Diesen Widerspruch muss der Bundestag als Gesetzgeber auflösen und in die Abgabenordnung klar und deutlich schreiben, welches Engagement gefördert werden soll. Es kann doch nicht sein, dass etwa das Engagement für Grund- und Menschenrechte nicht gemeinnützig ist!”

Mit mehr Klarheit könnten die Finanzämter besser arbeiten und würden Initiativen nicht bereits bei ihrer Gründung ausgebremst. “Selbstloses politisches Engagement findet längst auch außerhalb von Parteien und Parlamenten statt. Es wird Zeit, das Engagement dieser Initiativen anzuerkennen und ihm einen klaren Rechtsrahmen zu geben”, forderte Diefenbach-Trommer. Die neue Bundesregierung solle zügig die geplante Demokratie-Kommission einsetzen und dort auch diese Form demokratischer Mitgestaltung diskutieren.

Dr. Ansgar Klein, Geschäftsführer des Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE), erklärte zur Studie: “Zivilgesellschaft ist kein verlängerter Arm des Staates. Sie ist eigenständig und eigensinnig. Das bürgerschaftliche Engagement in Deutschland ist vielfältig. Es beschränkt sich nicht auf Sport oder direkte Hilfe, die politische Einmischung gehört dazu. Leider interpretiert die Finanzverwaltung auch den neuen Zweck zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements so einschränkend, dass viele gute Ideen für unsere Gesellschaft nicht als gemeinnützig anerkannt werden.”

“Die offene Gesellschaft zeichnet sich gegenüber autoritären Ordnungen gerade dadurch aus, dass die Zivilgesellschaft ein politisches Mandat hat, das von ihren Akteuren wahrgenommen wird”, bekräftigte Rupert Graf Strachwitz, Direktor des Maecenata Instituts für Philanthropie und Zivilgesellschaft, bei der Vorstellung der Studie in Berlin und fügte ergänzend hinzu: “Natürlich muss es dafür Regeln geben. Diese müssen aber vom Parlament gesetzt werden, und ihre Einhaltung kann nicht der Finanzverwaltung übertragen werden, deren Aufgabe es ist, Steuern einzutreiben.”

Für die Studie wurden drei Vereine konstruiert, die sich mit ihrer Arbeit politisch einmischen, um selbstlos die Allgemeinheit zu fördern. Deren Satzungen wurden an je ein Drittel der zuständigen Finanzämter geschickt - mit gleichlautenden Briefen und der Bitte, die Anerkennung der Gemeinnützigkeit zu prüfen. 166 Antworten gingen ein, bevor das Bundesfinanzministerium auf die Studie aufmerksam wurde und Anweisung erteilte, nicht (mehr) zu antworten.

Die Studie ist am 22. März 2018 als Arbeitspapier Nr. 5 des Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) erschienen (ISBN 978-3-9818732-8-3).

Ein PDF der Untersuchung, weitere Informationen zur Studie und Material zum Thema „Gemeinnützigkeitsrecht“ halten wir online bereit unter:

Autor der Studie ist Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" e.V. Die Durchführung der Untersuchung und die Veröffentlichung der Studie wurden von der Otto Brenner Stiftung gefördert.

Pressemitteilung: Studie: "Wie das Gemeinnützigkeitsrecht politisches Engagement erschwert"

Kontakt für Rückfragen:

  • Stefan Diefenbach-Trommer, Autor der Studie, Vorstand der Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" e.V.: 0160/93786240
  • Dr. Ansgar Klein, Geschäftsführer des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement: 0160/97931326
  • Dr. Rupert Graf Strachwitz, Direktor des Maecenata Instituts für Philanthropie und Zivilgesellschaft: 030/2838 7909
  • Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung: 0160/5330046

Informationsseite zur Studie