Dokumentation der medienpolitischen Tagung 2018

Brauchen wir eine kulturell-politische Initiative zur medialen Auseinandersetzung mit der AfD?

Die OBS-Medientagung und die Verleihung der Otto Brenner Preise haben am 19. November 2018 in Berlin im Hotel Pullman Schweizer Hof statt gefunden.

Eröffnung der Medientagung

Jupp Legrand, Geschäftsführer der OBS

Impulsreferat

Studienautor Prof. Bernd Gäbler

Podiumsdiskussion

Rechtspopulismus und Medien

Interview

Cornelia Berger (dju) im Interview mit Sonia Seymour Mikich

OBS-Studie "AfD und Medien"

Erfahrungen und Lehren für die Praxis

Leider ist die Printversion der Studie vergriffen! Sie steht aber weiterhin als Download zur Verfügung!

Durch Wahlerfolge und mediale Präsenz ist die AfD zu einem festen Bestandteil in der Innenpolitik geworden. Inzwischen liegen auch vielfältige journalistische Erfahrungen mit der immer noch jungen Partei vor. OBS-Autor Bernd Gäbler hat diese Erfahrungen gesichtet, ausgewertet und zu einer kritischen Analyse verdichtet. Die Stiftung hofft auf konstruktive Auseinandersetzungen mit ihren „Anregungen aus der Praxis für die Praxis“.

Seit 2017 mit der „Alternative für Deutschland“ (AfD) erstmals eine populistische Partei, die völkisches Gedankengut mobilisiert, mit rassistischen Grenzüberschreitungen provoziert und vor nationalistischen Entgleisungen nicht zurückschreckt, in den Deutschen Bundestag eingezogen ist, hat sich die Frage zugespitzt: Wie sollen „die“ Medien mit diesem (neuen) politischen Phänomen des teilweise aggressiven Rechtspopulismus umgehen?

Obwohl inzwischen vielfältige journalistische Erfahrungen mit der Partei um Alexander Gauland vorliegen, zeichnet sich noch immer keine eindeutige Haltung darüber ab, wie die AfD medial angemessen zu behandeln ist. Während beim parteipolitischen Aufstieg der AfD auch unter Journalisten noch sehr lange viel Unsicherheit darüber bestand, wie man über diese Partei berichten soll - ohne auf jeden Reiz und jede Provokation reflexhaft zu reagieren und über jedes "Stöckchen" zu springen, das die AfD hinhielt, - gibt es inzwischen einerseits etwas mehr Gelassenheit und zuweilen ist schon eine gewisse reflektierte Souveränität zu beobachten. Andererseits mussten sich Medien und Journalisten zuweilen den Vorwurf gefallen lassen, dass sie durch die phasenweise flächendeckende Berichterstattung den Aufschwung der Partei begünstigt und durch Agendasetting eine Grundlage für die Wahlerfolge der Rechtspopulisten mitgeschaffen hätten.

Wie keine andere Partei bespielt die AfD das Instrument Social Media zur permanenten Selbstdarstellung in einer fragmentierten Öffentlichkeit und zur Bestätigung ihrer Anhängerschaft. Wie soll seriöser Journalismus mit dieser AfD-nahen oder AfD-eigenen Medienumwelt umgehen, die Wählern und Unterstützern eine „kommunikative Vollversorgung“ jenseits etablierter Medien anbietet? Welche Rolle spielen noch Berichte, Reportagen und Kommentare im öffentlich-rechtlichen Rundfunk?  Was sind gute, was sind schlechte Interviews mit AfD-Politikern? Welche Relevanz hatten die diesjährigen Sommerinterviews in den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten? Was sind tragfähige Konzepte für eine kluge inhaltliche Auseinandersetzung, was gelingt und was greift zu kurz? Wie berichteten führende regionale Zeitungen über die Rolle der AfD in den beiden Landtagswahlkämpfen in Bayern und Hessen 2018?

Solchen Fragen widmet sich eine weitere Studie der Otto Brenner Stiftung zum Thema "AfD und Medien", die im Herbst 2018, druckfrisch zur Medientagung im November, erscheint. Während sich eine erste OBS-Untersuchung von Prof. Bernd Gäbler, die noch vor der Bundestagswahl 2017 erschienen ist, auf Grundfragen der AfD im Verhältnis zu Medien konzentriert und auch schon praktische Handreichungen für Journalisten entwickelt hat, werden jetzt, ein Jahr nach der Septemberwahl, die bereits gemachten Erfahrungen untersucht, praxisnah beleuchtet und kritisch analysiert. Daran schließt sich der Versuch an, Schlussfolgerungen für einen guten Journalismus abzuleiten und zu verallgemeinern.

Ausgangspunkt der analytischen Betrachtung ist: Nicht empörte Reflexe, nicht die permanente Entlarvung einzelner Aussagen und auch nicht handwerkliche Kniffe sind für die journalistische Berichterstattung über die AfD und für die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD zentral, sondern nötig ist eine breiter angelegte zivilisierte Form der Auseinandersetzung, die auf Bildung setzt, Geschichtsbewusstsein vermittelt und den zivilisierten Streit für die Essenz einer demokratischen Öffentlichkeit und politischen Kultur hält. Im Journalismus geht es darum, eine demokratische Öffentlichkeit zu erhalten, zu schützen und die Willensbildung der Bürger durch eigenes Agieren vorbildlich anzuregen. Dazu gehört die alte journalistische Regel: erst darlegen, dann auslegen! Zum Auslegen gehört es, sich nicht auf jede Einzelheit und Kleinigkeit zu stürzen, sondern den politischen Gesamtansatz der AfD, eine auf dem behaupteten starren Gegensatz von Volk und Elite abgeleitete nationalistische Politik, kritisch zu untersuchen. Dazu gehört es, auf die ständigen Überlappungen mit rechtsextremen Positionen hinzuweisen, sich darin aber nicht zu erschöpfen.

Die AfD ist gekommen, um zu bleiben. Ihre Existenz ist (vermutlich) kein "Vogelschiss" in der bundesrepublikanischen Parteiengeschichte. Also geht es darum, sich mit den Inhalten, die diese Partei repräsentiert und mobilisiert, auseinanderzusetzen. Das ist eine Auseinandersetzung in der Demokratie, die diese zugleich stärken muss. Dazu gehören Pressefreiheit, Pluralismus und eine breite Palette unterschiedlicher Medien. Dazu gehört ein Journalismus, der sachgerecht und vorurteilsfrei berichtet, klug analysiert und meinungsfreudig kommentiert. Aber auch ein Journalismus, der sich mit der schwierigen Frage rumschlägt, ab wann Meinungen nicht mehr zur demokratischen Öffentlichkeit gehören und deshalb medial entsprechend behandelt werden sollten.

Programm der Tagung

14.00 Uhr

Begrüßung und Einführung in das Tagungsthema

14.15 Uhr 

AfD und Medien – Ergebnisse und Thesen einer OBS-Studie
Input von Prof. Bernd Gäbler (Bielefeld/Bremen)

14.30 Uhr

Diskussion der Thesen und Austausch konkreter Erfahrungen

 

TeilnehmerInnen:

Melanie Amann, Der Spiegel

Karin Dohr, Fernsehkorrespondentin, ARD-Hauptstadtstudio

Bernd Gäbler, OBS-Autor

Frank Decker, Parteienforscher und Populismusexperte

Volker Weiß, Historiker und Publizist


Moderation: Sonia Seymour Mikich, Journalistin und Publizistin

15.50 Uhr

Schlussfolgerungen für den medialen Umgang mit der AfD

Cornelia Berger, Leiterin Bereich Publizistik und Medien
Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di

16.00 Uhr 

Pause mit Umbau

17.00 Uhr

Verleihung der Otto Brenner Preise für kritischen Journalismus 2018

Dokumentation der Preisverleihung