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Pressemitteilung

Erhält die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) künftig staatliche Förderungen in Millionenhöhe?

Parteinahe Stiftungen erhalten jährlich etwa 660 Millionen Euro Förderung aus Steuergeldern +++ Erneuter Einzug der AfD in den Bundestag könnte für Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) bald Förderung in zweistelliger Millionenhöhe pro Jahr bringen +++ Stiftung kann u.a. Stipendien vergeben, Veranstaltungen durchführen, Forschung initiieren und Akzente in politischer Bildung setzen +++ Entwickelt sich die DES mit Staatsgeldern zu einer neurechten „Ideen- und Kaderschmiede“ für die AfD? +++ DES ist sehr gut vernetzt in der Neuen Rechten +++ Kritiker*innen fordern: Bundestag muss für Transparenz sorgen und Stiftungsfinanzierungsgesetz vorlegen +++ Vorhaben eines „Demokratie-Gesetzes“ greift zu kurz +++ Gemeinnützigkeit der DES muss überprüft werden +++ Zivilgesellschaftlicher Protest formiert sich gegen Aufbau von Strukturen, die die Demokratie von innen gefährden.

Mit dem Wiedereinzug der Alternative für Deutschland (AfD) in den Deutschen Bundestag nach der Wahl am 26. September könnte mit ihrer parteinahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) erstmals von Seiten des Staates eine Stiftung gefördert werden, die dem extrem rechten politischen Spektrum nahesteht. Eine neue Studie der Otto Brenner Stiftung (OBS) zeigt, dass die DES ein zentraler Baustein für Versuche der Neuen Rechten werden könnte, in Deutschland Hegemonie im vorpolitischen Raum zu erlangen. Die investigative Recherche, die in Kooperation mit der Nichtregierungsorganisation FragDenStaat entstanden ist, kommt zu dem Ergebnis, dass entscheidende Akteur*innen der Stiftung teilweise seit Jahrzehnten in der Neuen Rechten gut vernetzt und organisiert sind. Sie spielen dort in Organisationen, bei Veranstaltungen und mit Veröffentlichungen eine wichtige Rolle. Akteur*innen der DES sind immer wieder mit völkisch-nationalistischen, geschichtsrevisionistischen, rassistischen und antisemitischen Positionen aufgefallen.

Arne Semsrott, einer der Autoren der Studie, befürchtet, dass „mit einer staatlichen Förderung in Millionenhöhe die DES dauerhafte Strukturen schaffen könnte, um menschenfeindliche Positionen der Neuen Rechten in der Gesellschaft stärker zu verankern.“ Die in der Diskussion stehenden Überlegungen, der DES mit einem „Demokratie-Gesetz“ den Zugriff auf staatliche Fördergelder zu verwehren, greifen für Semsrott zu kurz. Um zu verhindern, dass die DES staatlich gefördert wird, so der Vertreter der Nichtregierungsorganisation, müsse zum einen eine gesetzliche Grundlage für die Voraussetzungen sowie ein transparenter Prozess zur Stiftungsfinanzierung geschaffen werden. Zum anderen müsse, ergänzt Autor Semsrott, „die Arbeit der Stiftung überprüft und dann im Lichte der Erkenntnisse entschieden werden, ob der DES der Status als gemeinnützige Organisation aberkannt werden sollte.“ Die Finanzämter hatten in den vergangenen Jahren einigen Organisationen ihre Gemeinnützigkeit entzogen, die DES genießt dieses Privileg aber weiterhin. Semsrott zeigt sich überzeugt: „Nur wenn eine gesetzliche Grundlage zur Finanzierung der parteinahen Stiftungen geschaffen wird, kann verhindert werden, dass die DES Staatsgelder erhält, mit denen langfristig die Demokratie ausgehöhlt wird“.

Die Arbeit parteinaher Stiftungen in Deutschland – neben der DES unter anderem die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Heinrich-Böll-Stiftung – wird gegenwärtig aus dem Bundeshaushalt mit 660 Millionen Euro jährlich gefördert. Damit erhalten die Stiftungen vom Staat insgesamt mehr als dreimal so viel Geld wie die ihnen nahestehenden Parteien. Das Verfahren zur Finanzierung ist äußerst intransparent und weitgehend informell. Von der Öffentlichkeit kann weder die Einnahmeseite nachvollzogen noch die Ausgabenpolitik effektiv kontrolliert werden. Ein eigenes Stiftungsfinanzierungsgesetz, das z. B. die Vergabe der finanziellen Mittel öffentlich nachvollziehbar machen könnte, existiert bisher nicht. Die Diskussion über die DES-Förderung sollte nach Auffassung der Autoren dazu führen, den Weg freizumachen für ein Stiftungsgesetz, das mehr Licht in diesen nicht nur für die politische Bildung wichtigen Bereich bringt.

Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung, sieht aber nicht nur Parteien, den Deutschen Bundestag und staatliche Stellen auf Landesebene in besonderer Verantwortung. Auch andere parteinahe Stiftungen, zivilgesellschaftliche Akteure und Träger der politischen Bildung sind aufgefordert, so Legrand im Vorwort zur Studie, „klare Kante zu zeigen gegen Demokratiefeinde von rechts“. Gegen Bestrebungen, „politische Bildung von Rechtsaußen zu etablieren und bestehende Strukturen des neurechten Milieus mit staatlichen Mitteln zu stabilisieren, zu fördern und weiter auszubauen“, fordert der OBS-Geschäftsführer ein entschlossenes Vorgehen und einen zivilgesellschaftlichen Schulterschluss.

Autoren und Stiftung sind darüber hinaus der Meinung, dass in den anstehenden Koalitionsverhandlungen das Thema „Stiftungsfinanzierungsgesetz“ aufgegriffen und von der neuen Regierung eine Perspektive eröffnet werden muss, wie der DES staatliche Fördersummen in Millionenhöhe zur Aushöhlung der Demokratie verwehrt werden können.

Arne Semsrott/Matthias Jakubowski: Desiderius-Erasmus-Stiftung: Politische Bildung von Rechtsaußen, OBS-Arbeitspapier 51, Frankfurt am Main, im Oktober 2021

Pressemitteilung als PDF-Datei

OBS-Arbeitspapier 51 als pdf


Für das Autoren-Team:

Arne Semsrott
Projektleiter FragDenStaat
E-Mail: arne.semsrott(at)okfn.de

@arnesemsrott


@fragdenstaat


www.fragdenstaat.de

Kontakt:

Otto Brenner Stiftung
Geschäftsführer
Jupp Legrand
Telefon: 069 - 6693 2810
E-Mail: info(at)otto-brenner-stiftung.de
Twitter: @OBSFrankfurt
www.otto-brenner-stiftung.de

 

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