Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Anfang dieser Woche, am 3. Mai, wurde auch in diesem Jahr der „Internationale Tag der Pressefreiheit“ gewürdigt. Doch zahlreiche Entwicklungen, die die Pressefreiheit in vielen Teilen der Welt bedrohen und für die Informations- und Meinungsfreiheit eine Gefahr bedeuten, geben wenig Anlass für Feierstunden und trübten manche Festrede.
Weltweit werden Journalist*innen und Reporter*innen bei ihrer Arbeit behindert oder für die Ergebnisse ihrer Arbeit verfolgt, eingesperrt oder gar getötet. Demokratiefeindliche Entwicklungen, die die Presse- und Informationsfreiheit aushöhlen, sind insbesondere in autoritär geführten Staaten sowie diktatorischen Regimen zunehmend zu beobachten – aber nicht nur dort: Kürzlich hat „Reporter ohne Grenzen“ bei ihrem Ranking zum Pressefreiheitsindex die Lage in Deutschland von „gut“ auf „zufriedenstellend“ herabgestuft.
Dass die Bundesrepublik im Vergleich zu anderen europäischen Staaten beim Ranking von Platz 11 auf Platz 13 abgerutscht ist, hängt in erster Linie damit zusammen, dass Bedrohung, Einschüchterungsversuche, Hetzattacken und Hasstiraden die virtuellen Räume des Internets verlassen haben und – auch geschürt von Akteuren wie der AfD – im öffentlichen Raum um sich greifen. Print-Journalist*innen, Hörfunk-Reporter*innen, Blogger*innen und ganze TV-Teams werden immer häufiger auch bei uns angepöbelt, bedroht, eingeschüchtert und behindert, wenn sie bei Veranstaltungen oder Demonstrationen nichts Anderes machen, als ihrer durch das Grundgesetz geschützten Arbeit nachgehen zu wollen.
Als Gefahr für zukünftige journalistische Arbeit werden von Reporter ohne Grenzen aber auch ökonomische Entwicklungen, wie die Abnahme der publizistischen Vielfalt in Deutschland, sowie politische Entscheidungen, wie eine Ausweitung der geheimdienstlichen Überwachungsbefugnisse zulasten vertraulicher journalistischer Arbeit, gedeutet.
Vor diesem Hintergrund wird die Anerkennung, Wertschätzung und Unterstützung journalistischer Arbeit umso wichtiger.
Ein kleiner Baustein können dabei Preise sein, wenn sie von glaubwürdigen Akteuren der Zivilgesellschaft ausgelobt werden, die damit unerschütterlichen Mut, hartnäckige Recherchen und besondere Leistungen von Journalist*innen zu würdigen verstehen. Die Otto Brenner Stiftung lobt seit nunmehr fast 20 Jahren ihren „Preis für kritischen Journalismus“ aus.
Unsere Jury kann seit Jahren aus durchschnittlich mehr als 500 Bewerbungen Gewinner und Preisträger*innen auswählen. Diese hohe Beteiligung, die große Wertschätzung, die der Preis über Mediengrenzen hinweg erfährt, und die breite Anerkennung, die er genießt, unterstreichen, dass „Kritischer Journalismus“ hierzulande gefragt ist und seine Funktion als „vierte Gewalt“ geschützt werden muss.
Wir freuen uns wieder über viele Bewerbungen in der diesjährigen Ausschreibung, die noch bis zum 30. Juni läuft, nehmen mit Elan und Zuversicht die nächsten Aufgaben in Angriff - und danken dafür, dass unsere Leser*innen unsere Arbeit schätzen, mit Interesse die Ergebnisse verfolgen und gelegentlich auch durch Spenden materiell unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Das OBS-Team
Frankfurt/Main, im Mai 2021