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Otto Brenner Newsletter

01/2021 – 10. März 2021

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

als sich im Herbst 2020 eine 2. Corona-Welle abzuzeichnen begann, blieb uns keine andere Wahl, als die für Mitte November geplante Verleihung der Otto Brenner Preise für kritischen Journalismus zu verschieben. Die Jahrestagung, die wir mit dem Arbeitstitel „30 Jahre staatliche Einheit – weiterhin gespaltene Medien?“ vorbereiteten, sagten wir hingegen komplett ab. Das fiel uns schwer, hätten wir doch mit einem attraktiven Programm und einem namhaften Podium einen interessanten Aufschlag für ein bisher sträflich vernachlässigtes Thema machen können. Geplant war, zu den Feierlichkeiten aus Anlass der 30jährigen Wiederkehr der deutschen Einheit einen gewissen (Gegen-) Akzent zu setzen und auf unserer Tagung eine Frage kritisch zu diskutieren: Wie ist es, 30 Jahre nach Überwindung der staatlichen Teilung, um den aktuellen Stand der medialen Einheit bestellt? Das Thesenpapier, das Lutz Mükke aus Leipzig zur Tagung vorlegen wollte, hätten neben Heribert Prantl und Gregor Gysi unter anderen auch Christoph Links und Frau Wildermuth (damals noch MDR-Hörfunkdirektorin; inzwischen BR-Intendantin) diskutiert.

Die notwendig gewordene Absage schmerzte - aber auch ohne Aussicht, die Präsenz-Tagung in Berlin durchführen zu können, blieben wir an dem Thema dran: Das knappe und zugespitzte Thesenpapier haben wir zu einem etwas umfangreicheren und inhaltlich breiter angelegten Diskussionspapier ausgebaut, das wir in der ersten März-Woche veröffentlicht haben (siehe weitere Infos unten im Newsletter). Wir vermuten, dass einige der Deutungen und Interpretationen unseres Autors nicht ohne Kritik oder Widerspruch bleiben werden. Lutz Mükke ist beispielsweise davon überzeugt, dass „die Monopolisierung und Provinzialisierung des Medienangebots im Osten der Republik wahrscheinlich ebenso zur Verschiebung des gesellschaftspolitischen Klimas und zu den Mobilisierungserfolgen populistischer Bewegungen im Osten beigetragen haben, wie die mangelhafte Partizipation und Repräsentation Ostdeutscher in überregionalen Leitmedien“. Wenn Präsenz-Veranstaltungen wieder „normal“ sind, wollen wir das Streitthema aufgreifen und zu öffentlichen Diskussionen über das Arbeitspapier, die Handlungsempfehlungen des Autors und zur „Lage der Medien im Osten“ einladen.

Aber noch ist es leider so, dass die Corona-Pandemie nicht nur die Schlagzeilen der Presse beherrscht, sondern auch weiterhin unseren privaten wie beruflichen Alltag prägt.

Dennoch haben wir entschieden, im laufenden Jahr unseren Journalist*innenpreis (dann schon zum 17. Mal) auszuschreiben - zwischen dem 1. April und 30. Juni können Bewerbungen bei uns eingereicht werden. Und wir sind guter Dinge, dass wir am 22. November die diesjährigen Preisträger*innen in Berlin wieder im Rahmen einer gewohnten Preisverleihung, mit Gästen und Publikum, auszeichnen können.

Wir hoffen zudem, dass uns Corona im nächsten Jahr keinen Strich durch unsere Planungen macht. Im Herbst 2022 steht nämlich ein besonderes Datum an: Die OBS wird dann 50 Jahre jung – und dieses Jubiläum wollen wir zusammen mit der Preisverleihung angemessen feiern und mit einer besonderen Festveranstaltung ehren.

Wir nehmen mit Elan und Zuversicht die nächsten Aufgaben in Angriff - und danken dafür, dass unsere Leser*innen unsere Arbeit schätzen, mit Interesse die Ergebnisse verfolgen und gelegentlich auch durch Spenden materiell unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen
Das OBS-Team

Frankfurt/Main, März 2021

OBS-Druckfrisch: 30 Jahre staatliche Einheit – 30 Jahre mediale Spaltung

Partizipationsdefizite, Repräsentationslücken und Ohnmachtsgefühle sorgen im Osten der Republik für anhaltenden Unmut; und die mangelhafte Teilhabe von Ostdeutschen in Medien und Gesellschaft mündet regelmäßig in Kolonialisierungsdebatten. Das aktuelle OBS-Arbeitspapier fragt, ob westdeutsch geprägte Medien, die im besserwisserisch-belehrenden “Auslandsduktus” über die neuen Bundesländer („Dunkeldeutschland“) berichtet haben, mit zu jenen Vertrauensverlusten beigetragen haben, die den Lügenpresse- und Staatsfunk-Rufer*innen öffentlich Raum für verbalen Protest geben? Autor und Stiftung laden ein zu einer konstruktiven Auseinandersetzung mit „Handlungsempfehlungen“, die das Debattenpapier abrunden.

Lutz Mükke: 30 Jahre staatliche Einheit – 30 Jahre mediale Spaltung. Schreiben Medien die Teilung Deutschlands fest?, OBS-Arbeitspapier 45, März 2021

OBS-Aktuell: Interessenvertretungen in Ost und West

Die Aufbruch-Stimmung, die vor über 30 Jahren mit dem Mauerfall und der Deutschen Einheit verbunden war, ist längst in Ernüchterung oder Enttäuschung umgeschlagen. Der politische Optimismus der Wendezeit wurde durch die Realität der Nachwende-Transformation tief erschüttert. Wie nehmen ost- und westdeutsche Arbeitnehmer*innen die ökonomischen Unterschiede heute zwischen beiden Landesteilen wahr und wie bewerten sie ihre soziale Lage. Welche Möglichkeiten sehen sie zur Durchsetzung ihrer Interessen? Die Ergebnisse der qualitativen Analyse, die auf sechs Fokusgruppen basieren, beanspruchen keine Repräsentativität. Sie erlauben aber interessante Einblicke - z. B. in die Frage, wie kollektive Interessenvertretungen wahrgenommen und welche Erwartungen an den Staat gerichtet werden.

Simon Storks, Jana Faus, Rainer Faus: “Alleine ist man zerbrechlich” – Perspektiven auf die Interessenvertretung von Arbeitnehmer*innen in Ost und West

Defizite in der Medienberichterstattung über Vermögenssteuer

Seit 1997 wird die Vermögenssteuer in der Bundesrepublik nicht mehr erhoben. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben sich wichtige Rahmenbedingungen entscheidend verändert (starker Anstieg der Staatsausgaben zur Rettung der Banken nach 2008, die Eurokrise der frühen 2010er Jahre, die heutige Corona-Pandemie mit ihren Milliardenaufwendungen und die weiter wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich – sind nur einige Beispiele). Hat sich dieser grundlegende Wandel in der medialen Berichterstattung über die Vermögenssteuer niedergeschlagen? „Streitfall Vermögenssteuer“ identifiziert erstaunliche Lücken und kommt zu bemerkenswerten Ergebnissen.

Hendrik Theine: „Streitfall Vermögenssteuer“ – Defizite in der Medienberichterstattung, AP 43, Oktober 2020

Verschwörungsmythen, Corona-Leugner und Parteienpräferenzen

Ende 2020 sorgten überraschende Ergebnisse einer Befragung, die Oliver Nachtwey (Uni Basel und OBS-Autor) mit seinem Team durchgeführt hat, für kontroverse Diskussionen.

Sie haben das Wahlverhalten und die parteipolitischen Präferenzen von Corona-Leugner*innen und Anhänger*innen von Verschwörungsmythen untersucht.

Die Analyse der Daten ergab den interessanten Befund, dass unerwartet viele Unterstützer*innen aus dem Lager der Coronaleugner*innen bei der Bundestagswahl 2017 Grüne oder SPD gewählt haben.

Das Autor*innenteam, das mit Heinrich-Böll-Stiftung und OBS die Leipziger Autoritarismus-Studien (LAS) verantwortet, kommt inzwischen zu anderen Ergebnissen. Gezeigt wird, dass es überproportional AfD-Wähler*innen und -anhänger*innen sind, die Verschwörungserzählungen anhängen, die Corona-Pandemie leugnen und antisemitische Ressentiments „pflegen“.

Die „Kurzanalyse“ von Oliver Decker u.a. sowie eine Zusammenfassung sind online kostenlos zugänglich:

Links zur Studienreihe der LAS (mit Material, Folien, Statements, Pressemitteilungen und ausgewählten Reaktionen)

OBS-Arbeitshefte: vergriffen, aber runterladen weiterhin möglich und erwünscht

Wie der Datenkonzern Google den Journalismus umgarnt

Der Internet-Riese Google hat seit 2013 mehr als 200 Mio. Euro in den europäischen Journalismus gesteckt, der Löwenanteil ging nach Deutschland. Neben technologischen Entwicklungen werden auch Rechercheprojekte gefördert, Journalismus-Kongresse organisiert und Ausbildungsaufenthalte junger Journalist*innen finanziert. Warum macht Google das?

Ingo Dachwitz und Alexander Fanta, zwei engagierte Wissenschaftler und profilierte Datenjournalisten, beschreiben die Facetten eines komplexen „Ökosystems“ von Medienverlagen, Redaktionen und Datenkonzernen, werten aktuelle Daten über die finanziellen Zuwendungen aus und befragen Akteur*innen beider Seiten zu dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit. Die Studie zeigt, wie Google die Medien umgarnt – und lädt zugleich ein zu einer Debatte über öffentliche Innovationsförderung für den Medienbereich.

Fanta/Dachwitz: Medienmäzen Google – Wie der Datenkonzern den Journalismus umgarnt; AH 103

Bedrängte Zivilgesellschaft von rechts

Ist die Zivilgesellschaft ein Hort der Demokratie – oder ein Einfallstor für rechts? Mit welchen Themen und in welchen Bereichen versuchen Rechte ihren „Marsch durch die Organisationen“, wie reagieren Akteure der organisierten Zivilgesellschaft darauf und erweist sie sich als anfällig für rechte Interventionen – wie auch die Demos von Corona-Leugner*innen nahezulegen scheinen. „Bedrängte Zivilgesellschaft von rechts“ geht diesen Fragen nach.

Wolfgang Schroeder u.a.: Bedrängte Zivilgesellschaft von rechts. Interventionsversuche und Reaktionsmuster, AH 102 der OBS, 152 S.; Juni 2020.

OBS-Arbeitspapiere: online lesen oder Studien runterladen

Wählen mit 16?

Eine Reihe von Staaten (z.B. Österreich) hat das Wahlalter bei nationalen Wahlen auf 16 Jahre festgelegt; auch in einigen deutschen Bundesländern kann man bei Kommunal- und Landtagswahlen schon mit 16 Jahren zur Wahl gehen. Weder das Alter für Volljährigkeit noch die Kopplung der Wahlberechtigung daran sind ein Naturgesetz, das Wahlrecht ist nicht in Stein gemeißelt, das Wahlalter kein Tabu.

Die OBS liefert mit „Wählen mit 16?“ einen empirischen Beitrag zur aktuellen Debatte um die Absenkung des Wahlalters. Die Studie wägt Pro- und Contra-Argumente ab, setzt sich mit Lebenslagen und Interessen Jugendlicher auseinander und bietet Orientierungshilfen für gesellschaftspolitische Weichenstellungen.

OBS/SNL: Arbeitsmarktprojekte in den neuen Bundesländern

Die „Stiftung zur Förderung arbeitsmarktpolitischer Vorhaben in den neuen Bundesländern“ ist eine nicht rechtsfähige Stiftung in Verwaltung der Otto Brenner Stiftung (OBS). Seit mehr als einem Jahrzehnt unterstützt die „Stiftung neue Länder (SNL)“ auch konkrete Arbeitsmarktprojekte. Dabei kann es etwa um die Reintegration von Langzeitarbeitslosen auf den 1. Arbeitsmarkt gehen oder um aktive Unterstützung für Jugendliche, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Die Stiftung kann auch von ihr finanzierte Projekte wissenschaftlich begleiten lassen.

Kooperationen, Termine, Tipps und Links