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Otto Brenner Newsletter

02. April 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

in den ersten Monaten des Jahres 2022 ist passiert, was zum Jahreswechsel niemand von uns für möglich gehalten hat: Während im Frühjahr noch die Covid-19-Pandemie die Schlagzeilen beherrschte, startet Russlands autokratischer Herrscher Wladimir Putin im Februar einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, ein souveränes europäisches Land und Nachbar der EU. Aus der „stabilen Krise“ der Nachkriegszeit ist ein „heißer Krieg“ in Europa geworden. Und dieser brutale Krieg trifft bei uns auf eine Öffentlichkeit und Bevölkerung, die nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie ermüdet, ausgelaugt und ausgezehrt wirkt. Krisen und Kriege sind die Stunde der Exekutive. Der Krieg hält an und eine neue Aufrüstungsspirale zeichnet sich ab, die die kommenden Jahre prägen könnte und noch kaum bis wenig auf Widerstand zu treffen scheint.

Es war ein merkwürdiger Zufall, dass genau an diesem 24. Februar, als Putin seine Truppen in der Ukraine einmarschieren ließ und die territoriale Integrität und politische Souveränität des Landes mit Füßen trat, unser Diskussionspapier von Marc Engelhardt über die Auslandsberichterstattung und das Verblassen der Welt erschienen ist. Auch die Ostukraine kann seit Ausbruch des Konflikts und der Annexion der Krim 2014 als einer der weißen Flecken in der Auslandsberichterstattung ausgemacht werden. Vor allem die Zunahme von Propaganda führt unser Autor als einer der Faktoren an, der zu einem immer verzerrteren Bild der Welt in den deutschen Medien führt. Ursachen sieht er vor allem in der über die letzten Jahre stetig abnehmenden Zahl der Korrespondent*innen sowie der Auslandsseiten und Sendeplätze.

Auch wenn der Krieg in der Ukraine inzwischen die Corona-Pandemie aus den Nachrichten und von den Titelseiten verdrängt hat, haben wir einen genaueren Blick auf die Situation der freien Journalist*innen in der Corona-Pandemie geworfen. Erster Befund: Durch die Pandemie wurden bereits vor der Covid-19-Krise bestehende Probleme, wie etwa die schlechte Bezahlung, noch verstärkt. Die Autor*innen der Universität Bremen zeigen darüber hinaus in unserer neuesten Studie „Erosion von Öffentlichkeit. Freie Journalist*innen in der Corona-Pandemie“, dass vor allem der Lokal- und Printjournalismus durch diese Entwicklung in seinen Grundlagen bedroht ist und damit die Stabilität und Vielfalt unserer Demokratie in Gefahr ist. Die Studie haben wir in einer Online-Veranstaltung mit dem Autor*innenteam vorgestellt und mit Expert*innen diskutiert. Die Aufzeichnung ist auf der Infoseite zur Studie abrufbar.

Was wäre der Alltag, wenn er ohne gute Nachrichten auskommen müsste? So schreiben wir auch 2022 wieder unseren renommierten Journalistenpreis für kritischen Journalismus – in diesem Jahr zum 18. Mal – aus. Vom 1. April bis zum 30. Juni nehmen wir Bewerbungen online entgegen, siehe unten.

Für die OBS wird das Jahr aber auch deshalb besonders, weil sich die Gründung der Stiftung zum 50. Mal jährt. Otto Brenner starb am 15. April 1972, wenige Monate später wurde die Stiftung seines Namens gegründet und zur Feier seines 65. Geburtstages (8. November 1972) erschienen die ersten Bände der OBS-Schriftenreihe. Das Team der OBS bereitet zum Jubiläum mehrere Veranstaltungen, und als Höhepunkt eine würdevolle Feier im November am Stammsitz in Frankfurt/M., vor. Schon ab dem 15. April gehen wir mit www.obs50.de online und berichten dort regelmäßig über unsere Vorhaben. Starten wollen wir mit einer Online-Veranstaltung am 25. April. Anlass ist der 50. Jahrestag der „Lebensqualität“ -Tagung der IG Metall in Oberhausen 1972, an der Otto Brenner krankheitsbedingt nicht mehr teilnehmen konnte.

Wir nehmen mit Elan und Zuversicht die anstehenden Aufgaben in Angriff - und danken dafür, dass unsere Leser*innen unsere Arbeit schätzen, mit Interesse die Ergebnisse verfolgen und uns gelegentlich auch durch Spenden materiell unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen
Das OBS-Team

Frankfurt/Main, April 2022

Otto Brenner Preis zum 18. Mal ausgeschrieben

Auch 2022 schreiben wir den "Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus" wieder aus. Ab dem 1. April und noch bis zum 30. Juni nehmen wir online Bewerbungen entgegen. Der Preis wird in 5 Kategorien ausgelobt und es werden auch wieder bis zu 3 Recherche-Stipendien vergeben. Publikumsempfehlungen sind wie immer willkommen. Insgesamt ist der Preis in diesem Jahr wieder mit 47.000 € dotiert.

Freie Journalist*innen in der Corona-Pandemie

In der Corona-Pandemie sind freie Journalist*innen in unterschiedlicher Weise von den Einschränkungen und Maßnahmen betroffen. Es kann generell festgestellt werden, dass es für fast alle zu kurzzeitigen Einkommens- und Auftragseinbußen gekommen ist. Insbesondere nebenberufliche freie Journalist*innen im Print- und Lokalbereich sind auch längerfristig von Beschäftigungsmöglichkeiten abgeschnitten. Eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitssituation, vor allem nebenberuflicher freier Journalist*innen, ist dringend geboten.

Barbara Witte/Gerhard Syben: Erosion von Öffentlichkeit. Freie Journalist*innen in der Corona-Pandemie, OBS-Arbeitsheft 109, Frankfurt am Main 2022

Grafik zum OBS-Arbeitsheft zu den Arbeitsbedingungen freier Journalist*innen

Framing in der Wirtschaftsberichterstattung

Mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse zeichnen die Autor*innen den Sinneswandel nach, wie in deutschen Medien über den „Haushaltsstreit“ zwischen EU-Kommission und Italien 2018 und die Verhandlungen über die Corona-Hilfen 2020 berichtet wurde – und welche Rolle ökonomische Paradigmen wie „Neoklassik“ und „Keynesianismus“ dabei spielen. 2018 dominierte ein neoklassischer Blick in 95 Prozent der Artikel, eine höhere Staatsverschuldung zur Lösung ökonomischer und sozialer Probleme wurde strikt abgelehnt. Während der EU-weiten Verhandlungen zur Gestaltung der Corona-Hilfsmaßnahmen 2020 überwogen hingegen keynesianische Problemdefinitionen (74 Prozent der Artikel), die erleichterte Schuldenaufnahmemöglichkeiten für Staaten guthießen.

Victoria Teschendorf, Kim Otto: Framing in der Wirtschaftsberichterstattung – Der EU-Italien-Streit 2018 und die Verhandlungen über Corona-Hilfen 2020 im Vergleich, OBS-Arbeitsheft 108, Frankfurt am Main, im März 2022

Auslandsberichterstattung in der Krise

„Das Verblassen der Welt“ analysiert die Krise der deutschen Auslandsberichterstattung und betrachtet die Herausforderungen des internationalen Journalismus zwischen Zuschauerinteressen, Finanzierung und persönlicher Sicherheit. Neben schrumpfenden Budgets können auch die Ausdünnung der Auslandsseiten sowie der weltweite Anstieg von Propaganda und Repressionen gegen Journalist*innen für die Krise der Berichterstattung verantwortlich gemacht werden. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken bedarf es einer Stärkung von Netzwerken und Strukturen freier Korrespondent*innen ebenso wie eine Abwägung von Chancen und Risiken einer öffentlichen Förderung der Auslandsberichterstattung.

Marc Engelhardt, Das Verblassen der Welt. Auslandsberichterstattung in der Krise, OBS-Arbeitspapier 53, Frankfurt am Main, im Februar 2022

Wieder lieferbar!

30 Jahre staatliche Einheit – 30 Jahre mediale Spaltung

Unser Vorschlag, über die Entwicklung der Medien (in den neuen Ländern) nach dem Mauerfall zu diskutieren, ist auf großes Interesse gestoßen. Das Diskussionspapier wurde aufgegriffen, kontrovers rezepiert und wird finanziell großzügig unterstützt. So werden beispielsweise 2022 fünf regionale Veranstaltungen in Ostdeutschland stattfinden, die um unser AP 45 "30 Jahre staatliche Einheit – 30 Jahre mediale Spaltung" kreisen. Stiftung und Autor sind beteiligt. Das vergriffene Arbeitspapier haben wir leicht überarbeitet und aktualisiert nachgedruckt; Bestellungen sind wieder möglich und erwünscht.

Lutz Mükke, 30 Jahre staatliche Einheit – 30 Jahre mediale Spaltung. Schreiben Medien die Teilung Deutschlands fest? OBS-Arbeitspapier 45, Frankfurt am Main, März 2021

OBS/SNL: Arbeitsmarktprojekte in den neuen Bundesländern

Die „Stiftung zur Förderung arbeitsmarktpolitischer Vorhaben in den neuen Bundesländern“ ist eine nicht rechtsfähige Stiftung in Verwaltung der Otto Brenner Stiftung (OBS). Seit mehr als einem Jahrzehnt unterstützt die „Stiftung Neue Länder (SNL)“ konkrete Arbeitsmarktprojekte. Dabei kann es etwa um die Reintegration von Langzeitarbeitslosen auf den ersten Arbeitsmarkt gehen oder um aktive Unterstützung für Jugendliche, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Die Stiftung kann auch von ihr finanzierte Projekte wissenschaftlich begleiten lassen.

Kooperationen, Termine, Tipps und Links