Liebe Leser*innen,
in wenigen Tagen finden die mit großer Spannung erwarteten Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen statt. Ende September wird dann der Landtag in Brandenburg neu gewählt. Im Vorfeld der Wahlen machen seit Wochen vielfältige Spekulationen und außergewöhnliche demoskopische Annahmen die Runde. Jede Einzelne deutet den historischen Charakter dieser Landtagswahlen an.
Es wird spekuliert, ob den regierenden Berliner Ampelparteien das parlamentarische Aus in Erfurt und Dresden droht. Auch wird diskutiert, ob die Linkspartei den Charakter einer ostdeutschen Regionalpartei verliert. Die Möglichkeit, dass die AfD eine Stimmenmehrheit erringt und stärkste Fraktion wird, steht im Raum. Dem neu formierten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) könnte ein numerischer Überraschungserfolg gelingen. Der Wählerwille könnte die Parteien vor komplizierte oder unlösbare Aufgaben einer Regierungsbildung stellen.
Egal, wie die Ergebnisse im Einzelnen ausfallen, einige Entwicklungen verdienen weiterhin große Beachtung. Dazu gehören wachsende politische Radikalisierung, tiefe soziale Polarisierungen, eine Zunahme von Hass, Hetze und Verrohung in Sprache und Diskursen sowie dramatische Veränderungen in der Medienwelt. All das gefährdet die Stabilität unserer liberalen Demokratie und bleibt eine große Herausforderung für eine sichere Zukunft.
„Stiftung schafft Wissen!“ – mit diesem Anspruch umschreiben wir seit vielen Jahren Aufgaben und Ziele der OBS. Auch in schwierigen Zeiten bleiben wir diesem Motto treu. Und mit unseren mittelfristigen Projekten und aktuellen Publikationen versuchen wir, diesen Charakter unserer Arbeit zu unterstreichen.
Mit „Falsche Propheten in Sachsen“ analysieren wir Rhetorik und Agitationstechniken der extremen Rechten. Am 12. November diskutieren wir auf unserer Jahrestagung „Progressive Antworten auf die Lage in Ostdeutschland“, stellen brandaktuelle Ergebnisse einiger OBS-Forschungsprojekte vor und laden zur Verleihung des Otto Brenner Preises für kritischen Journalismus ein, den wir dieses Jahr zum 20. Mal vergeben können. Nicht nur dieser „Leuchtturm“ unter den deutschsprachigen Journalistenpreisen zeigt die breite Anerkennung unserer medienkritischen Arbeit. Mit der Studie über Reform und Wandel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) haben wir, wie Kritiker schreiben, eine neue Phase der medienpolitischen Auseinandersetzung eingeläutet. Und mit der „Ahrtal-Studie“, die die Defizite der Berichterstattung über die Flut-Katastrophe im Sommer 2021 akribisch seziert, geben wir vielfältige Anregungen für die Ausbildung des journalistischen Nachwuchses.
Wir danken für das Interesse an der Arbeit der Stiftung und wünschen in bewegten Zeiten einen guten Start in einen schönen Herbst.
Herzliche Grüße,
das OBS-Team
Frankfurt am Main, Ende August 2024