Die Digitalisierung medialer Prozesse, die Ökonomisierung medialer Angebote, aber auch tiefgreifende Veränderungen im Nutzungsverhalten des Publikums und wirtschaftlicher Druck haben den Journalismus und sein Umfeld in den vergangenen Jahren nachhaltig verändert. Von diesen Entwicklungen scheint die Lokalpresse besonders betroffen zu sein: Die ‚Produktion‘ lokaler Öffentlichkeit wandert zunehmend in neue Hände.
„Der Journalismus ist zwar noch ein wichtiger Akteur, aber seine Rolle als Gatekeeper, der Standards, Normen, Werte und Regeln überwacht, hat er im Grunde verloren - mit weitreichenden Folgen“, fasst Barbara Witte, Professorin für Journalismus an der Hochschule Bremen, die Ergebnisse einer neuen OBS-Studie über Selbsteinschätzungen und Handlungsmaximen der Öffentlichkeitsarbeit auf lokaler Ebene zusammen. Sie hat die Untersuchung gemeinsam mit ihrem Kollegen Gerhard Syben vom Forschungsinstitut für Beschäftigung Arbeit Qualifikation (BAQ) durchgeführt.
Analysiert wird die Öffentlichkeitsarbeit lokaler Akteur*innen unter den Bedingungen der Digitalisierung. Ein Befund: Vereine, Kultureinrichtungen, Kommunen oder Unternehmen machen sich zunehmend von Lokalzeitungen unabhängig. Ergebnis dieser sinkenden Beachtung ist, dass sich mehr und mehr Akteur*innen über „eigene Kanäle“ und insbesondere über die Sozialen Medien direkt und zielgruppenorientiert an die Öffentlichkeit wenden. Die „Gatekeeper-Funktion“ des traditionellen Journalismus verliert so weiter an Relevanz, eine wichtige Säule der Demokratie droht zu erodieren.
Die Tageszeitungen sind nicht nur ökonomisch unter Druck, sie arbeiten auch selbst an ihrer Entmachtung mit, ist eine Beobachtung des Autorenteams. Akteur*innen der lokalen Öffentlichkeitsarbeit beklagen, dass die lokale Presse sich immer weniger für das interessiert, was die eigene Kommune oder die Kultureinrichtungen und Vereine am Ort mitteilen. Sie fühlen sich missachtet, weshalb das Motto ihrer lokalen Öffentlichkeitsarbeit immer häufiger lautet: „Eigene Kanäle first.“ Damit, so eine Befürchtung, setzt sich „eine Spirale in Gang, die alle zu Verlierern macht“.
Jupp Legrand, Geschäftsführer der OBS, hofft, dass die Ergebnisse der Untersuchung die große Bedeutung der Pressevielfalt und des Qualitätsjournalismus auch im lokalen Bereich für unsere liberale Demokratie verdeutlichen.
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