Während der Rat in seiner Außenkommunikation immer wieder darauf verwies, dass privater Reichtum notwendig von gesellschaftlichen, politischen und ökologischen Strukturen und Rahmenbedingungen abhängig ist, wurde diese Botschaft medial kaum aufgegriffen. Für Gartiser ist klar, dass sich Themen besser über Personen erzählen lassen und Medien zum Teil vereinfachen müssen. Zugleich sei es jedoch notwendige Aufgabe der vierten Gewalt, „das Thema Vermögensungleichheit komplex und differenziert, als gesellschaftliches und demokratisches Problem jenseits einzelner Personen zu diskutieren.“
Der starken Lösungsorientierung in der Kommunikation des Guten Rats wurde medial nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt: Rund 40 Prozent der Mitteilungen des Rats hoben hervor, dass demokratische Prozesse zentral sind, um Um- und Rückverteilungsaktionen zu legitimieren. „Der Gute Rat zeigt ganz praktisch, dass die Demokratisierung von Umverteilungsprozessen ein wegweisender Ansatz für mehr soziale Gerechtigkeit und für eine Auseinandersetzung mit undemokratischen Vermögens- und Machtungleichheiten ist“, sagt Studienautor Hendrik Theine. Allerdings griffen nur 26 Prozent aller Medienbeiträge diesen Aspekt auf. „Es wird deutlich, wie schwer es für neue demokratische Verfahren ist, im öffentlichen Diskurs Gehör zu finden“, bilanziert Verita. Umso wichtiger sei es, die kommunikativen Strategien weiterzuentwickeln – und die Logik und Ausrichtung eines Medienzyklus mitzudenken, der sich tendenziell auf leicht konsumierbare, konfliktträchtige und oft negativ gefärbte Themen konzentriert.
„Mitbestimmung in Wirtschaftsfragen und die gerechte Verteilung von Reichtum sind Kernforderungen der Gewerkschaftsbewegung“, sagt OBS-Geschäftsführer Can Gülcü. „Angesichts der gegenwärtigen Angriffe von rechter Politik und Kapital auf die Demokratie weltweit“, so Gülcü weiter, „sollten Medien innovative Projekte wie den ‚Gute Rat für Rückverteilung‘ nicht ungenutzt lassen, um die Ursachen und Folgen obszöner Vermögenskonzentration verständlich darzustellen.“