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Pressemitteilung

09.12.2025

Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Hochschulen

+++ Rechtspopulismus/-extremismus an Hochschulen bleibt ein unterschätztes Problem +++ Bisher wird die Perspektive Betroffener in der Debatte über das Thema vernachlässigt +++ Betroffene erleben institutionalisierte Sprachlosigkeit und organisierte Vereinzelung +++ Studie fordert mehr Pluralisierung von Perspektiven und klare institutionelle Reaktionen +++

Frankfurt am Main, 09. Dezember 2025. Wie sollen Dozierende reagieren, wenn Studierende unter Bezug auf wissenschaftliche Quellen und unter Verwendung von Statistiken ihre menschenfeindlichen Positionen in Seminaren vortragen? Was sollen Studierende unternehmen, wenn Kommiliton*innen mit rechtsextremen Kleidungsstücken am Campus verkehren? Das heute erschienene Arbeitspapier „Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Hochschulen“ der Otto Brenner Stiftung zeigt, dass sich diejenigen, die eine Reaktion auf solche Vorkommnisse zeigen wollen oder von anderen extrem rechten Aussagen und Handlungen im Wissenschaftsbetrieb betroffen sind, meist allein gelassen fühlen.

„Rechtspopulismus und Rechtsextremismus zeigen sich in Hochschulen und in der Wissenschaft auf spezifische Weise“, sagt Studienautor Christoph Haker. Extrem rechte Akteure reklamieren beispielsweise Wissenschaftlichkeit für diskriminierende Aussagen oder beziehen sich auf für den wissenschaftlichen Diskurs wichtige Werte wie Meinungsvielfalt und Toleranz, um unwissenschaftliche Positionen gegen Kritik zu immunisieren. Diese Widersprüchlichkeit erschwere eine breit getragene Reaktion an Hochschulen, so ein Ergebnis der Untersuchung.

„Betroffene schildern uns, dass Hochschulen sich schwertun, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus überhaupt als ein Problem zu erkennen“, resümiert Mitautor Lukas Otterspeer. Herausforderungen können nicht angemessen benannt und bearbeitet werden, ein Umstand, den die Autoren als institutionalisierte Sprachlosigkeit beschreiben. „In der Folge scheitern Hochschulen auch daran, Umgangsweisen zu finden – erst recht solche, die langfristig und auch präventiv angelegt sind“, so Otterspeer weiter. Zu beobachten ist eine „organisierte Vereinzelung“: Betroffene müssen als Einzelperson oder kleine Gruppe einen eigenen Umgang mit dem jeweiligen Problem finden.

Die Auswertung bestehender Studien zum Thema Hochschulen und extreme Rechte sowie eigene qualitative Interviews mit Studierenden, wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, Professor*innen und einer Antidiskriminierungsstelle zeigen zudem, dass verbreitete Ansprüche politischer Neutralität an Hochschulen diese Tendenz verstärken. Gleichzeitig verhindern sie häufig eine gemeinsame und klare Umgangsweise im Kollegium, im Institut
oder der Fakultät.

Prekäre Arbeitsbedingungen im Wissenschaftsbetrieb begünstigen zudem die Sprachlosigkeit und Vereinzelung. „Insbesondere angesichts der schlechten Arbeitsbedingungen von vielen Lehrenden mit unsicheren Verträgen und vielfachen
Belastungen darf der Umgang mit rechtextremen Angriffen auf die Wissenschaftsfreiheit nicht Einzelnen aufgebürdet werden. Die Universitäten müssen Studierende, Lehrende und Angestellte mit institutionellen Maßnahmen unterstützen und schützen“, so Can Gülcü,
Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung.

Aus Sicht der Autoren zielt eine erfolgsversprechende Strategie gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus an Hochschulen auf eine Vervielfältigung von Perspektiven innerhalb der Organisation. Hochschulen müssen diese Öffnung der Perspektiven institutionell absichern, beispielsweise indem sie ein entsprechendes Vorgehen in einem Code of Conduct festhalten. Externe Beratungen könnten helfen, konkrete Schritte in diese Richtung in Seminaren, Kollegium oder der Organisation umzusetzen. „Hochschulen in Deutschland haben eine lange von Autoritarismus geprägte Tradition. Heute betonen sie Weltoffenheit und Vielfalt. Damit sie diesen selbstgesetzten Werten gerecht werden können, haben sie die Verantwortung, sich proaktiv mit extrem rechten Tendenzen in Hochschulen und in der Gesellschaft auseinanderzusetzen“, bilanziert Christoph Haker.

Christoph Haker, Lukas Otterspeer: Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Hochschulen, OBS-Arbeitspapier 83, Frankfurt am Main, Dezember 2025

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Christoph Haker, Lukas Otterspeer: Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Hochschulen, OBS-Arbeitspapier 83, Frankfurt am Main, Dezember 2025.

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Kontakt zu den Autor*innen:

Dr. Christoph Haker
Europa-Universität Flensburg
Email: Christoph.Haker(at)uni-flensburg.de

PD Dr. habil. Lukas Otterspeer
Europa-Universität Flensburg
Email: Lukas.Otterspeer(at)uni-flensburg.de

 

Kontakt zur Otto Brenner Stiftung:
Otto Brenner Stiftung
Geschäftsführer
Can Gülcü
Telefon: 069-6693-2500
E-Mail: info(at)otto-brenner-stiftung.de
www.otto-brenner-stiftung.de